Bundestagswahl: Finanzmärkte nur partiell von möglichem Richtungswechsel betroffen
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NN Investment Partners (NN IP) geht für die kommende Bundesregierung als Basisszenario von einer Dreierkoalition aus mit einem breit aufgestellten Koalitionsvertrag, etwas progressiveren Einschlag, einer europafreundlichen Ausrichtung sowie moderat steigenden Ausgaben in den kommenden Jahren. Aus Marktsicht wäre dabei wichtig, dass CDU/CSU sowie FDP beim Thema Schuldenbremse flexibel wären, um auf Forderungen aus dem linken Lager eingehen zu können. Andererseits dürfte sich die nächste Regierung aus beiden Lagern zusammensetzen. Aus diesem Grund wird die Schuldenbremse immer ein Thema bleiben und den Spielraum für mehr Schulden begrenzen.
Moderate Marktauswirkungen erwartet
Solch ein Ausgang dürfte das aktuelle Marktumfeld stützen hinsichtlich niedriger Umlaufrenditen in Deutschland und moderaten Zinsaufschlägen in Italien und Spanien. Die Unterstützung des europäischen Wiederaufbaufonds seitens der neuen Regierung ist sehr wahrscheinlich. Interessant ist vielmehr die Frage, welche künftigen Projekte Deutschland auch finanziell fördern wird.
Auf der Aktienseite dürfte der Wahlausgang nur in einzelnen Sektoren Wirkung zeigen, da die deutschen börsennotierten Unternehmen international diversifiziert sind. Zu den kritischen Fragen zählt, ob die Grünen bei einer Regierungsbeteiligung einen früheren Kohleausstieg durchsetzen. Dies könnte einzelne Versorger unter Druck setzen. Der Bau- und Immobiliensektor ist auch ein kritischer Bereich: Während Förderungen des Wohneigentums und Abschaffung des Mietendeckels, wie sie etwa von der CDU/CSU vertreten werden, das Geschäft der Immobilienunternehmen unterstützen, dürften sich Forderungen aus dem linken Lager wie etwa eine weiter gehende Mietendeckelung negativ auf die Geschäftsentwicklung auswirken. Ein starker progressiver Block in der Regierung könnte auch die Diskussion um eine Transaktionssteuer für Finanzgeschäfte wiederbeleben. Dieses Thema könnte Finanztitel belasten.
Erste Schlacht um die globale progressive Zeitenwende
Im größeren Kontext betrachten wir die Bundestagswahl als den ersten Prüfstein für die progressive Bewegung auf globaler Ebene. Seit Ausbruch der Pandemie haben sich die führenden Industriestaaten und Zentralbanken mit enormen finanziellen Mitteln gegen die Wirtschaftskrise gestemmt. Die Gefahr einer Depression wurde dadurch schnell überwunden. Allerdings erkauften sich die Industriestaaten diesen Erfolg mit einem Anstieg der Verschuldungsquote von 10 bis 25 Prozentpunkten. Der wirtschaftliche Stimulus wurde zudem verknüpft mit anderen Themen wie etwa Investitionen in den Klimaschutz und die Infrastruktur sowie (insbesondere in den USA) einem Ausbau des Sozialstaates. Die deutsche Zustimmung zum europäischen Aufbaufonds werten wir als ein Indiz dafür, dass die Bereitschaft für eine engere europäische Zusammenarbeit zunimmt.
Jetzt wo die Pandemie Teil einer neuen Normalität wird, haben die Wähler die Gelegenheit, über diese strategische Neuausrichtung abzustimmen. Deutschland macht den Anfang mit der Bundestagswahl am 26. September, im April 2022 folgen die Präsidentschaftswahlen in Frankreich und im November 2022 stimmen die Amerikaner bei den Zwischenwahlen über Bidens Politik ab.
In unseren Augen sind diese Wahlen wichtige Meilensteine bei der Frage, ob wir in diesem Jahrzehnt eine progressive Zeitenwende in den Industriestaaten erleben werden. Bei einer solchen Bewegung würde der politische Schwerpunkt auf Themen wie Ungleichheit und Klimaschutz liegen. In kommenden Wochen und Monaten werden wir die langfristigen Auswirkungen diese Entwicklung auf die Märkte im Blick behalten.
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