Nachricht
16:07 Uhr, 17.10.2024

Bundestag beschließt Krankenhausreform

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Der Bundestag hat Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine große Krankenhausreform gebilligt. Sie waren zuvor auf heftige Kritik der Opposition und von Verbänden gestoßen. Mit der Reform sollen die Vergütungsstrukturen verändert und soll die Versorgung verbessert werden. Das Ziel sei die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, die Steigerung der Effizienz und eine Entbürokratisierung, heißt es in dem Entwurf laut Bundestag. Das derzeit auf Fallpauschalen basierende System der Krankenhausvergütung sei stark mengenorientiert. Für die Kliniken bestehe ein ökonomischer Anreiz, möglichst viele Patienten zu behandeln.

Künftig sollen 60 Prozent der Betriebskosten über eine Vorhaltepauschale abgegolten werden. Die Mittel für die Vorhaltevergütung würden generiert, indem die Fallpauschalen abgesenkt werden, heißt es in dem Entwurf. In einer Konvergenzphase soll ein fließender Übergang von den Fallpauschalen hin zu einer um eine Vorhaltevergütung ergänzte Finanzierungssystematik vollzogen werden. Die Krankenhäuser erhalten die Vorhaltevergütung für Leistungsgruppen, die ihnen von der Planungsbehörde der jeweiligen Länder zugewiesen werden. Die insgesamt 65 Leistungsgruppen sind mit Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen verknüpft. Die notwendige elektronische Datenübermittlung soll über digitale Informationsportale ermöglicht werden. Das soll zu mehr Effizienz und weniger Bürokratie beitragen.

Um strukturschwache Regionen zu unterstützen, ist der Ausbau der sektorenübergreifenden und integrierten Gesundheitsversorgung vorgesehen. Neben der Vorhaltevergütung werden für die Bereiche Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Unit, Traumatologie und Intensivmedizin sowie für die Teilnahme an der Notfallversorgung zusätzliche Mittel gewährt. Um die Strukturreform der Krankenhäuser finanziell abzusichern, soll über einen Zeitraum von zehn Jahren ein Transformationsfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro bereitgestellt werden, jeweils zur Hälfte getragen von den Ländern und aus Mitteln der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds des Bundes.

Lauterbach warb im Bundestag für die Reform. "Wir brauchen diese Reform, und zwar jetzt", sagte er. "Wir sind im Krankenhaussektor in einer Krise." Die Krankenhausversorgung sei sehr teuer. "Wir haben die teuerste Krankenhausversorgung in Europa. Wir haben mittelmäßige Qualität bei vielen wichtigen Eingriffen, zum Beispiel in der Krebsbehandlung", konstatierte Lauterbach. Jedes dritte Bett stehe leer, trotzdem mache ein Drittel der Krankenhäuser Defizite. "Und wir haben ein Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung."

Der Gesundheitsausschuss hatte in der Beratung laut Bundestag 50 Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf beschlossen, die sich vielfach mit der technischen Umsetzung der Reform befassten. Bei den Änderungen geht es unter anderem um eine künftige ärztliche Personalbemessung im Krankenhaus, die Einbindung von Bundeswehrkrankenhäusern in die Versorgung, die Streichung der Stichprobenprüfung und Entbürokratisierung der Einzelfallprüfung bei der Krankenhausabrechnung sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Transformationsfonds einschließlich einer Beteiligung der Privaten Krankenversicherung.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/jhe

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.