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11:02 Uhr, 24.07.2024

Bundesnetzagentur plant flexibles System für Netzentgelte der Industrie

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Die Bundesnetzagentur plant eine Reform der Netzentgelte für die Industrie, mit der eine Anpassung der Stromabnahme an aktuelle Preisentwicklung vorgenommen wird. So soll den stromintensiven Betrieben einen Anreiz geschaffen werden, um dynamisch auf die aktuelle Erzeugungssituation zu reagieren, die sich vor allem in den Strombörsenpreisen widerspiegelt. Die alten Netzentgeltrabatte entsprechen laut Netzagentur nicht mehr den Anforderungen eines Stromsystems, das von hohen Anteilen erneuerbarer Stromerzeugung geprägt ist. Laut den Vorschlägen, die die Netzagentur mit der Branche besprechen will, sind zudem regionale Ausnahmen möglich. Außerdem sind Übergangsregelungen vorgesehen.

Konkret ist geplant, dass Industrie und Gewerbe reduzierte Netzentgelte zahlen sollen, wenn sie in Situationen mit hohem Stromangebot mehr Strom verbrauchen. Andersherum erhalten sie auch dann eine Reduktion der Netzentgelte, wenn sie in Zeiten eines knappen Stromangebots weniger Strom verbrauchen.

"Wir schlagen einen Übergang von einem starren in ein flexibles System vor. Wir wollen das zukünftige System nun ausführlich mit allen Akteuren erörtern", sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Die Vorschläge sind Teil eines Festlegungsverfahrens, das die Netzagentur ebenfalls einleitet. Die Konsultation erfolgt bis zum 18. September. Die Regelung soll 2026 in Kraft treten.

   Anpassung der Stromabnahme an aktuelle Preisentwicklung 

So soll im Grundsatz eine Stärkung des Marktsignals anhand der Netzentgelte vorgenommen werden. Eine sogenannte "Netzentgeltprivilegierung" soll grundsätzlich erhalten, wer in Zeiträumen besonders niedriger Preise seine Abnahme im Vergleich zu seinem individuellen Jahresdurchschnitt erheblich erhöht und in Zeiten besonders hoher Preise seine Abnahme im Vergleich zu seinem individuellen Jahresdurchschnitt erheblich senkt, so die Netzagentur.

Dabei werde die genaue Austarierung des Anreizmechanismus von den technischen Möglichkeiten der Industrie abhängen, Mengen- und Preisentwicklungen zu prognostizieren und flexibel darauf zu reagieren. Es soll damit "keine Überforderung der Letztverbraucher erfolgen, sondern das tatsächlich vorhandene und künftig erreichbare Flexibilitätspotential realisiert werden", wie die Netzagentur erklärte.

   Ausnahmen und Übergangsregelungen 

Die Vorschläge sehen außerdem die Möglichkeit regionaler Ausnahmen und Übergangsregelungen vor. Denn in Regionen mit einer geringen dezentralen Einspeisung aus Erneuerbaren entstünden Engpässe eher lastbedingt. "Hier können Reaktionen auf das Marktsignal mitunter auch engpassverschärfend wirken", so die Behörde. Daher will die Netzagentur mit der Branche diskutieren, ob und wie regionale Ausnahmen geschaffen werden könnten, bis der Netzausbau einen Stand erreicht hat, der eine Stärkung des Marktsignals bundesweit ermöglicht.

Bestehende Vereinbarungen über individuelle Netzentgelte sollen den Vorschlägen zufolge nicht unmittelbar ihre Wirkung verlieren. Es ist vorgesehen, den Unternehmen Übergangsfristen zu gewähren, die eine Umstellung der Produktion und die Realisierung von Flexibilitätspotentialen ermöglichen, so die Netzagentur.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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