Banken in Lateinamerika profitieren von verbessertem konjunkturellem Umfeld
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Externe Quelle: Quelle: Deutsche Bank Research
Autorin: Veronica Valles
In der Vergangenheit war die wirtschaftliche Entwicklung Lateinamerikas von Auf- und Abschwungszyklen sowie schweren Wirtschaftskrisen geprägt. In den letzten vier Jahren erwies sich das reale BIP-Wachstum jedoch als kräftiger und weniger volatil; im Zeitraum von 2004 bis 2007 erreichte es beachtliche 5,2% gg. Vj., und lag damit deutlich über dem historischen Durchschnitt. In einem positiven Umfeld hoher Rohstoffpreise und niedriger Zinsen stiegen sowohl die Exporte als auch die Kapitalzuflüsse; auch die erfolgreiche Wirtschaftspolitik der Länder Lateinamerikas spielte eine Rolle.
Die „Tiefe“ des Bankensektors variiert von Land zu Land, ist im allgemeinen aber nach wie vor gering
Die stabilere konjunkturelle Lage hat sowohl zu stärkerem Wirtschaftswachstum als auch einer Expansion des Bankensektors in der Region beigetragen. Die Kreditvergabe an den Privatsektor erreichte 2007 ein durchschnittliches Niveau von 32% des BIP , nach 23% im Jahr 2003. Die Höhe der Kreditvergabe unterscheidet sich allerdings stark von Land zu Land. Während sie in Chile 2007 74% des BIP erreichte, betrug sie in Brasilien und Kolumbien 40% und in Mexiko, Venezuela und Peru nur etwa 20%. Zudem sind die Bankensysteme Lateinamerikas trotz des jüngsten Wachstums im Vergleich mit anderen Schwellenländern und entwickelten Märkten nach wie vor unterentwickelt (Asia: 91% des BIP; Euro-Raum: 122% des BIP).
Relativ robuste Assetqualität und Kapitalisierung, hohe Fixkosten
Das gesündere makroökonomische Umfeld hat zur Verbesserung der Kreditqualität beigetragen. Der Anteil der Not leidenden Kredite sank von 5,3% im Jahr 2003 auf 2,9% im Jahr 2007. Diese Quote ist besser als in allen anderen Schwellenländern bzw. Regionen (soweit die Zahlen für Not leidende Kredite vergleichbar sind), und die entsprechenden Rückstellungen können als angemessen angesehen werden. Auch bei der Kapitalisierung zeigt sich ein positives Bild: die Eigenkapitalquote lag 2007 bei durchschnittlich 16,6% und damit über der Mindestanforderung. Schließlich erscheinen die Banken Lateinamerikas relativ profitabel; die Zinsmarge beträgt 8,2%, wobei die Fixkosten 5,8% der Aktiva ausmachen. Beide Indikatoren spiegeln die Natur des Kerngeschäfts der Banken der Region wider, d.h. es handelt sich hauptsächlich um das Privatkunden-Geschäft, welches sich durch hohe Margen, aber auch hohe Kosten auszeichnet. Allerdings waren die Fixkosten in den letzten Jahren rückläufig, was auf Effizienzsteigerungen schließen läßt.
Geringere Dollarisierungsquoten, jedoch zu hohe Engagements in Staatsanleihen
Die hohe „Dollarisierung“, d.h. ein erhebliches Volumen von Bankeinlagen und Krediten in US-Dollar, kennzeichnete in den 1990er Jahren zahlreiche Bankensysteme in Lateinamerika; sie war die Folge dauerhaft hoher Inflationsraten sowie einer Abwertung der lokalen Währungen. In den letzten Jahren war die Inflation jedoch rückläufig und die nationalen Währungen haben sich stabilisiert bzw. aufgewertet. Daher hat sich der Prozess der Dollarisierung verlangsamt oder sogar umgekehrt. Dies bedeutet für die lokalen Banken geringere Risiken im Fall der Rückkehr hoher Inflationsraten oder einer drastischen Abwertung. Die Entwicklung anderer Kapitalmarktsegmente (Aktien und Anleihen) dürfte ebenfalls zu einer Diversifizierung der Finanzierungsquellen und einer Reduzierung der Währungsrisiken führen.
Derzeit ist die Hauptursache der Anfälligkeit einiger Bankensektoren in der Region die Kreditvergabe an den öffentlichen Sektor. So beliefen sich zum Beispiel die Forderung an den Staat in Argentinien und Brasilien im Jahr 2006 auf 41% bzw. 45% der gesamten Bankaktiva. In anderen Fällen, wie Venezuela, sind die Banken Interventionen der Regierung unterworfen, z.B. auf dem Wege der vorgeschriebenen Kreditallokation an bevorzugte Sektoren und durch staatlich regulierte Zinsen.
Einführung von Basel II für 2010 geplant
Trotz der raschen Expansion des Bankensektors in Lateinamerika wurden nur geringe Fortschritte im Hinblick auf größere Transparenz und die Einhaltung internationaler Standards erzielt. Aufgrund der geringen Transparenz (im Kontext der dritten Säule von Basel II) können Investoren nur schwer Informationen über Banken erhalten; private Beobachtung und Wettbewerb sind begrenzt. Die Einhaltung internationaler Standards schreitet in Lateinamerika üblicherweise nur langsam voran. Allerdings haben viele Länder in den letzten Jahren Maßnahmen zur Verbesserung der Regulierung und Überwachung ergriffen. Mit der Ausnahme von Venezuela (das noch nicht einmal Basel I umgesetzt hat) plant der Rest Lateinamerikas die Übernahme der Basel II-Vorschriften spätestens im Jahr 2010. Viele Länder werden die Anforderungen bezüglich des Marktrisikos sowie den standardisierten Ansatz zum Kreditrisiko erfüllen, wohingegen Brasilien, Mexiko und Peru ebenfalls die Einführung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes zur Berechnung des Kreditrisikos beabsichtigen. Die größten Herausforderungen werden dabei in der erforderlichen technischen Expertise bei der Aufsicht, der Einführung einer Risikomanagementkultur sowie der entsprechenden Infrastruktur in den Finanzinstituten liegen. Bislang war dies in vielen Ländern auf die rein mechanistische Anwendung der Aufsichtsregeln beschränkt. Selbst eine zunächst nur teilweise Einführung der Basel II-Vorschriften wird es den Aufsichtsbehörden erleichtern, Risiken einzuschätzen und die Praxis des Risikomanagements verbessern.
Lateinamerikanische Banken im Vergleich mit anderen Regionen
Der Vergleich von makro- und mikroprudentiellen Indikatoren zeigt ein gemischtes Bild. Obwohl die Bankensektoren (sowie die Kapitalmärkte) Lateinamerikas kleiner sind als die der meisten anderen Regionen, sind Assetqualität und Rentabilität jedoch akzeptabel. Die Transparenz und die Einhaltung internationaler Standards sind jedoch unterdurchschnittlich, was die oben erwähnten länderspezifischen Resultate bestätigt.
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