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14:19 Uhr, 25.06.2008

Auslandserträge europäischer Banken: Europa auf dem Vormarsch

Externe Quelle: Deutsche Bank Research

Die europäischen Banken sind in den vergangenen Jahren deutlich internationaler geworden, sowohl im Hinblick auf ihre Ertrags- als auch ihre Aktionärsstruktur. Einen besonderen Fokus legten Banken dabei auf den Ausbau des europäischen Geschäfts außerhalb ihres jeweiligen Heimatmarktes, dessen Anteil an den Erträgen dementsprechend sank – bei den 20 größten europäischen Banken z.B. seit 2001 um 4 %-Punkte auf knapp unter die Hälfte. Dagegen wurden im übrigen Europa 2007 schon ein Viertel aller Erträge erzielt (2001: 18%).

Vorangetrieben wurde diese Entwicklung nicht zuletzt durch zahlreiche grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen (M&A), die ihren Niederschlag in den Zahlen zu Direktinvestitionen europäischer Banken innerhalb der EU-15 fanden: Diese stiegen von EUR 17 Mrd. im Jahr 2002 auf EUR 31 Mrd. 2005 an, dem letzten Jahr, für welches die Statistik vorliegt. Auf eine Fortsetzung dieses Trends in jüngster Zeit weist das weiter gestiegene Volumen von grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen in Europa hin, das im Bankensektor 2007 den Rekordwert von EUR 112 Mrd. erreichte, wovon allein EUR 70 Mrd. der ABN Amro-Übernahme zuzurechnen sind.

Die Gründe, die aus Sicht der Banken für den Gang ins Ausland sprechen, sind vielfältig: Insbesondere die größten Banken Europas sehen sich weitgehend gesättigten und oft erheblich konzentrierten Heimatmärkten gegenüber, die die Chancen für organisches Wachstum beschränken. Gleichzeitig bieten sich durch Expansion ins Ausland vielfältige Möglichkeiten der Ertrags- und Risikodiversifizierung, des weiteren Wachstums und der Realisierung von Skalenerträgen.

Die spezielle Attraktivität des europäischen Marktes beruht dabei auf mehreren Faktoren: Einerseits lockt ein großer, entwickelter und stabiler Markt, der dennoch durch national verschiedene makroökonomische Entwicklungen und unterschiedliche Marktstrukturen Wachstumspotenziale bietet.

Andererseits erleichtert das Entstehen eines gemeinsamen Finanzbinnenmarkts mit einheitlicher Rahmen-Regulierung und gegenseitiger Anerkennung von konkreten Rechtsvorschriften das grenzüberschreitende Geschäft der Banken.

Ebenso sind aber auch die Schwellenländer Mittel- und Osteuropas, Asiens und Lateinamerikas als Folge ihrer Öffnung zur Marktwirtschaft, dem starken Wachstum und einer immer intensiveren Einbindung in die Weltwirtschaft sowie günstiger demografischer Perspektiven in den vergangenen Jahren zunehmend zu attraktiven Investitionszielen europäischer Banken geworden. Gleichwohl reflektiert der etwas gesunkene außereuropäische Ertragsanteil die Tatsache, dass die meist eher geringe Größe der Finanzsysteme dieser Länder der Bedeutung für die Erträge der europäischen Banken insgesamt doch (noch) Grenzen setzt.

Dabei wurde in der Subprimekrise im letzten Jahr der Effekt eines moderat niedrigeren Anteils des außereuropäischen Geschäfts verstärkt durch Wertberichtigungen vor allem der großen, im Investmentbanking aktiven europäischen Banken auf US-Hypothekenanleihen und Kreditzusagen an Hedgefonds und Private-Equity-Firmen. Aufgrund dieser Abschreibungen, die zum großen Teil an den nordamerikanischen Finanzplätzen verbucht wurden, gingen die (Handels-)Erträge aus dem außereuropäischen Geschäft zurück. Ferner sind für das Jahr 2007 auch größere inländische Bankenzusammenschlüsse in Europa zu berücksichtigen, die den Ertragsanteil der Heimatmärkte positiv beeinflusst haben. In beiden Fällen handelt es sich aber in der Regel um Einmaleffekte, die den langfristigen Trend der zunehmenden Internationalisierung und insbesondere „Europäisierung“ nicht stoppen können; erst recht nicht vor dem Hintergrund der in vielen Ländern mittlerweile weitgehend abgeschlossenen nationalen Konsolidierungsprozesse.

Ungeachtet dieses generellen Trends bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede unter den 20 größten europäischen Banken: Während einige Institute bereits mehr als zwei Drittel ihrer Erträge im Ausland erwirtschaften, sind andere noch fast ausschließlich auf den inländischen Markt fixiert.

Das unterschiedliche Ausmaß des Auslandsengagements lässt sich auf die strategische Ausrichtung der Banken zurückführen, die unter anderem in deren Tradition und Entstehungsgeschichte, dem bereits erworbenen internationalen Know-how und den Bedingungen des Heimatmarktes begründet sein kann, bei denen wiederum Größe, Konsolidierungsgrad und Eintrittsbarrieren für ausländische Konkurrenten eine Rolle spielen.

Zur selben Zeit, aber nicht im selben Umfang wie die Ertrags- haben sich schließlich auch die Aktionärsstrukturen der europäischen Banken in den vergangenen Jahren internationalisiert. Hierfür sind zum einen mit eigenen Aktien finanzierte Übernahmen im Ausland verantwortlich, zum anderen aber auch die aktive Suche der Banken nach Großaktionären und das gestiegene Interesse internationaler institutioneller Investoren an einer breiteren Diversifizierung ihrer Portfolios. Schließlich übt die Einführung des Euros und die Integration der europäischen Finanzmärkte auf Investoren aus Übersee eine ebenfalls nicht zu unterschätzende Anziehungskraft aus.

Insgesamt dürfte sich sowohl der Trend zu einer geografisch breiteren Ertragsstruktur als auch zu einer stärker diversifizierten und internationaleren Aktionärsbasis der europäischen Banken in den nächsten Jahren fortsetzen. Gute Gründe sprechen dafür, nicht zuletzt das enorme Wachstumspotenzial außerhalb der jeweiligen Heimatmärkte, die zudem bereits relativ konsolidiert und wettbewerbsintensiv sind – ein gemeinsamer Markt für Finanzdienstleistungen in der EU wird schließlich auch für nicht-europäische Banken immer attraktiver. Und trotz des ausgiebig dokumentierten „Home Bias“ von Anlegern sollte es auch auf Seiten der Aktionärsstrukturen zu einer weiteren Erhöhung des Anteils von Ausländern kommen, die damit ihre Portfolios effizienter gestalten können, während umgekehrt die Banken von einer ausgewogeneren Verteilung ihrer Anteilseigner profitieren werden.

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Über den Experten

Alexander Paulus
Alexander Paulus
Technischer Analyst und Trader

Alexander Paulus kam zunächst über Börsenspiele in der Schule mit der Börse in Kontakt. 1997 kaufte er sich seine erste Aktie. Nach einigen Glückstreffern schmolz aber in der Asienkrise 1998 der Depotbestand auf Null. Da ihm das nicht noch einmal passieren sollte, beschäftigte er sich mit der klassischen Charttechnik und veröffentlichte seine Analysen in verschiedenen Foren. Über eine Zwischenstation kam er im April 2004 zur stock3 AG (damals BörseGo AG) und veröffentlicht seitdem seine Analysen auf stock3.com (ehemals GodmodeTrader.de)

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