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16:55 Uhr, 02.03.2011

Anstieg der Inflation ist kein Grund für eine striktere Geldpolitik

München (BoerseGo.de) - In seiner jüngsten Analyse geht Alessandro Bee, Ökonom bei der Bank Sarasin, auf die Inflationsdaten der Industriestaaten ein. Dabei untersucht er die Notwendigkeit eines Zinsschrittes und kommt zu dem Ergebnis das dies der falsche Schritt wäre um die Inflation zu bekämpfen.

Aufgrund der weltweit steigenden Lebensmittel- und Ölpreise gerät die Inflation immer mehr in den Fokus der Investoren, so Bee. Vielen Anleger stellen sich die Frage, wann die Nullzinspolitik in den Industriestaaten zu Ende gehe und welche der großen Zentralbanken als erste eine Anhebung der Leitzinsen vornehme. Kandidat Nummer eins für eine Zinserhöhung ist nach Ansicht Bees die Bank of England. Die Gesamtinflationsrate im Vereinigten Königreich erhöhte sich im Januar auf vier Prozent. Damit liegt die Gesamtinflation mittlerweile zwei Prozent über dem Inflationsziel der Bank of England von zwei Prozent, erläutert der Ökonom.

Jedoch mahnt Bee sich im Falle Großbritanniens die näheren Details des Inflationsanstiegs anzusehen. Die Regierung hat zu Beginn des Jahres 2009 die Mehrwertsteuer von 17,5 auf 15,00 Prozent gesenkt, um mit einer Ankurbelung des Konsums die Finanzkrise zu bekämpfen. Aber angesichts von Haushaltsdefiziten von mehr als zehn Prozent in den Jahren 2009 und 2010 sah man sich gezwungen, diesen Konsumstimulus im Jahr 2010 wieder rückgängig zu machen. So wurde zu Beginn dieses Jahres die Mehrwertsteuer auf 20 Prozent angehoben. Ein Großteil der inflationären Entwicklung ist auf diesen Anstieg der Mehrwertsteuer zurückzuführen. Daher sei die Inflation nur temporär. Der Anstieg der Mehrwertsteuer schmälere die Kaufkraft der Konsumenten und stellt für die Konjunkturentwicklung im Jahr 2011 einen Risikofaktor dar, erklärt Bee.

Es sei gefährlich einen temporären Inflationsanstieg mit einem Zinsanstieg zu kontern, so Bee. Der strikte Sparkurs der Regierung in Kombination mit höheren Zinsen seitens der Bank of England birgt das Risiko, dass der Aufschwung im Vereinigten Königreich abgewürgt wird. Die Bank of England sei nach Ansicht Bees gut beraten, die monetären Zügel erst anzuziehen, wenn sichergestellt sei, dass die Wirtschaft mit den Sparanstrengungen zurechtkomme. Das macht einen Zinsschritt in den nächsten Monaten wenig wahrscheinlich, so der Experte. Ähnliches gelte auch für die Zentralbanken der anderen Industriestaaten. Höhere Inflationsraten in der Eurozone und den USA aufgrund steigender Erdölpreise sind kein Zeichen, dass der Wirtschaftsmotor sich überhitzt, sondern stellen eine Gefahr für die Konjunktur dar. Eine Erhöhung der Leitzinsen wäre die falsche Medizin, so Bee abschließend.

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Über den Experten

Christian Zoller
Christian Zoller

Christian Zoller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg sowie an der WU Wien, mit den Schwerpunkten Investmentbanking und Corporate Finance. Seit 1995 ist er in den Bereichen Fundamentalanalyse und Technische Analyse tätig. Seine berufliche Laufbahn führte Zoller unter anderem zur Austria Presse Agentur (APA-Finance), zu BörseDaily und stock3. Zudem verfasste er Fachartikel für den Newsletter „Trendwatch“ des Heikin-Ashi-Experten Dan Valcu und ist Autor des Fachbuchs „Behavioral Finance bei Technischer Analyse“. Für die Finanzmarktanalyse verwendet Zoller unter anderem gerne Saisonalitäten, die Sentimentanalyse, Fundamentaldaten und die Charttechnik.

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