Kommentar
11:59 Uhr, 25.11.2015

Anleihenmarkt: Katastrophaler Crash?

Nobelpreisträger (Robert Shiller), CEOs (James Dimon von JPMorgan) und Starinvestoren wie Carl Icahn sind sich einig: Anleihen sind überbewertet. Was überbewertet ist, korrigiert früher oder später. Viele sehen einen Crash des Anleihenmarktes heraufziehen.

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Global stehen mehr als 100 Billionen Dollar an Anleihen aus. Bezogen auf die weltweite Wirtschaftsleistung ist das eine Quote von 120 %. Der Markt ist so groß, dass eine Schieflage dramatische Konsequenzen hat. Viele Marktteilnehmer haben Angst vor einem Crash an den Aktienmärkten. Diese Angst erscheint berechtigt, denn auch der weltweite Aktienmarkt ist riesig und bringt es auf ungefähr 60 Billionen Marktkapitalisierung. Die Marktkapitalisierung beträgt ungefähr 75 % des weltweiten BIPs.

Ein Crash des weltweiten Aktienmarktes wäre katastrophal. Bedenkt man, dass der Anleihenmarkt doppelt so groß ist wie der Aktienmarkt, dann sollte man vor einem Crash des Anleihenmarktes noch sehr viel mehr Angst haben!

Das ist global gesehen aber nicht der Fall. Es wird seit langem vor einer Anleihenblase gewarnt, doch wirklich in Panik scheint niemand zu sein. Obwohl das Platzen dieser Blase die Finanzkrise von 2008 noch in den Schatten stellen könnte.

Die gute Nachricht: Crashs des Anleihenmarktes sind sehr selten, sehr viel seltener als scharfe Korrekturen des Aktienmarktes. Grafik 1 zeigt die Renditen und Preise für langlaufende UK-Anleihen über einen Zeitraum von 300 Jahren. Aufgrund der engen Verflechtung Großbritanniens mit der Weltwirtschaft können die Anleihen gut als Maßstab für Europa und die USA dienen.

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Staatsanleihen haben eine durchaus bewegte Geschichte. Sie ist jedoch deutlich weniger bewegt als man vielleicht meinen könnte. Die Renditen schwankten 250 Jahre lang zwischen 6 % und 2 %. Für die Preise von Anleihen bedeutete das eine Range von 100 bis 165. Der Preisindex dieser Anleihen ist ähnlich konstruiert wie der Bund Future. Je höher der Preis, desto geringer ist die Rendite.

Jahrhundertelang hatte alles seine Ordnung. Selbst die weltweite "Große Depression" der 1930er Jahre sticht nicht sonderlich ins Auge. Vielmehr war die Zeit die darauf folgte – zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und 1995 – eine absolut außergewöhnliche Phase. Renditen für Staatsanleihen stiegen weltweit über 10 %. Die Preise von UK-Anleihen verloren 70 %. Das kann man sicherlich als Crash bezeichnen, doch dieser erfolgte über einen Zeitraum von 30 Jahren. Annualisiert verloren Anleihen 4 % p.a. über einen Zeitraum von 30 Jahren. Das ist ein Bärenmarkt allererster Güte, doch ein Preisrückgang von 4 % pro Jahr hat natürlich wenig mit einem Crash zu tun.

Die größten Verluste von Anleihen auf Jahressicht fanden in den 70er Jahren statt. Hier kam es innerhalb eines Jahres zu einem Rückgang der Preise von über 10 %. Für Anleihen ist das relativ viel. In den USA erreichte der Preisrückgang knapp 13 %. Im Vergleich zum Aktienmarkt wirkt das wenig beunruhigend, doch für den Anleihenmarkt ist ein Preisrückgang von 10 % innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten sehr beachtlich.

Historisch sind solche Preisausschläge extrem selten. In den USA und Großbritannien kam das genau einmal in 200 Jahren vor. Bei Unternehmensanleihen sind Preisbewegungen von 10 % häufiger. Grafik 2 zeigt die Preise und Renditen für US-Bonds seit 1919. Gezeigt werden Anleihen bester Bonität und Anleihen, die sich gerade noch im Investment-Grade Bereich befinden.

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Von 1930 bis 1932 verloren Baa Anleihen zwei Drittel ihres Wertes. Zwischen 1936 und 1938 waren es 35 %. Von 1955 bis 1957 lag der Verlust bei 30 %. In den 60er Jahren gab es kaum ein Jahr, in dem die Verluste nicht bei 10 % und mehr lagen. Danach wurde es ruhiger. Erst von 2006 bis 2008 gab es einen neuerlichen Crash mit Verlusten von über 20 % pro Jahr.

Der Markt für Unternehmensanleihen ist sehr viel volatiler als der Markt für Staatsanleihen. Als die US-Notenbank 2013 das Ende von Quantitative Easing ankündigte, geriet der Markt für Unternehmensanleihen in helle Aufruhe. Dies hat letztlich aber weder den US Aktienmarkt noch den Weltmarkt in die Knie gezwungen. Das muss nicht so bleiben.

Grafik 3 zeigt Baa Anleihenpreise und den Dow Jones im Vergleich. Unternehmensanleihen und Aktien laufen tendenziell parallel. Unternehmensanleihen haben jedoch eine Vorlauffunktion. Bereits zwei Jahre vor dem großen Aktiencrash 1929 begannen Unternehmensanleihen deutlich zu fallen. Das gleiche geschah 1936, 1945, 1964, 1972, 1987, 1998 und 2006. Jetzt ist es wieder soweit. Unternehmensanleihen verlieren seit einem Jahr deutlich an Wert. Die Renditen steigen schnell an.

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Es gab in der gemeinsamen Historie von Anleihen und Aktien nur sehr wenige Ausnahmen, indem ein deutlicher Rückgang von Anleihepreisen nicht auch mit ein bis zwei Jahren Verzögerung auf die Aktienmärkte ausgestrahlt hätte. Anleihen selbst verlieren 10 bis 20 % an Wert. Am Aktienmarkt sollte man mit mindestens dem Doppelten rechnen.

Staatsanleihen sind davon relativ unberührt. Als Aktienanleger sollte man daher mehr den Markt für Unternehmensanleihen im Auge behalten. Staatsanleihen sind ein eher schlechter Indikator. Es gibt hier auch wenige historische Präzedenzfälle. Crashs auf dem Staatsanleihenmarkt gab es bisher so gut wie nie. Umso unberechenbarer ist es natürlich, wenn es doch einmal zu einem solchen Zusammenbruch kommt. Wenn bereits moderate Preisrückgänge von Unternehmensanleihen den Markt insgesamt in Schieflage bringen können, kann man sich ansatzweise vorstellen, was passiert, wenn Staatsanleihen in einen Crash-Modus übergehen. Das will wirklich niemand erleben. Es ist ganz klar ein Szenario, welches verhindert werden muss. Crashen Staatsanleihen, dann war 2008 nur ein vager Vorgeschmack auf das, was passieren kann.

Bevor es soweit kommt, greifen die Notenbanken wohl ein. Anleger dürften trotz des Endes des US-QE und der nahenden Zinswende nach wie vor einen "Notenbank-Put" haben. Für Unternehmensanleihen gilt das nicht. Sie befinden sich inzwischen klar in einem neuen Trend, einem Abwärtstrend. Das wird wahrscheinlich auch den Aktienmarkt früher oder später einholen. Die Party für Anleger seit 2009 wäre dann vorbei.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers

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2 Kommentare

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  • Marco Soda
    Marco Soda

    wenn und wäre hilft nicht, und machens tun Sie es trotzdem, irgendwann kommt die rechnung, die dann keiner mehr bezahlen kann, nur eben WANN ??

    14:35 Uhr, 25.11. 2015
  • bembes
    bembes

    Wenn die blöde EZB-ler (Draghi) nicht so viel Staatsanleihen kaufen würden, wäre der Zins bei 2 %. Alles eine große Spekulation und Staatsfinazierung, welche eigentlich verboten ist !!!

    14:29 Uhr, 25.11. 2015

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