Kommentar
16:44 Uhr, 06.02.2007

Analyse Norddeutsche Affinerie AG: Attraktive Alternative zur Kupfer-Direktanlage

Erwähnte Instrumente

Egal ob Telefondrähte, Computerchips, Autos, Brauereikessel oder Wasserrohre. Überall wird Kupfer gebraucht. Das Kupfer hat also Zukunft und ist damit eigentlich attraktiv für langfristig orientierte Investoren - wenn nicht die erheblichen Schwankungen der Kupferpreise wären.

Eine Alternative für Investoren, die auf die Zukunft des Kupfers setzen, aber die starken Preisschwankungen umgehen wollen, bietet die Norddeutsche Affinerie (NA, WKN 676650). Das ist Europas größter Kupferproduzent. Die Aktie, die im MDax notiert wird, hat den Höhenflug des Kupfers nur begrenzt mitgemacht und war dafür im vergangenen Jahr nur zeitweise und abgeschwächt vom Preisrutsch des roten Metalls betroffen. Zuletzt hat sich das Papier sogar deutlich gegen den Abwärtstrend des Metallpreises nach oben bewegt.

Der Grund: NA hat selbst keine eigenen Kupferminen, sondern ist lediglich ein Weiterverarbeiter. Der Kupferpreis wird daher praktisch an die Kunden durchgereicht.

Allerdings beeinflusst der Kupferpreis gelegentlich die Stimmung für die Aktie - und damit deren Börsenkurs. "Es gibt viele Investoren, die das Geschäftsmodell des Unternehmens nicht verstehen, vor allem ausländische Fonds" erklärt ein Analyst. Diese Investoren orientierten sich schlicht am Kupferpreis. Der Experte denkt aber, dass der Markt dazu lernt und der psychologische Einfluss der Kupferpreise auf den Börsenkurs abnimmt.

In der vergangenen Woche legte die NA an der Börse sogar um rund 6% zu, obwohl der Kupferpreis gleichzeitig weitere 8% verlor. Die NA hatte die Analysten mit überraschend guten Zahlen vom ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres verblüfft. Die NA ist ein kompliziertes Unternehmen, dessen Gewinne und Umsätze von zwei Faktoren besonders stark beeinflusst werden.

  1. Ein Teil des Rohkupfers kommt von nordamerikanischen Minen. Mit denen schließt die NA langfristige Verträge ab, in der Regel für 2 1/2 Jahre. Dafür zahlen die Minen sogenannte Schmelzlöhne an die NA. Die Verträge orientieren sich am Kupferpreis. Gezahlt wird in US-Dollar. Außerdem hängt auch die Entscheidung der Minen, entweder viel oder wenig zu produzieren, vom Kupferpreis ab. Derzeit profitiert die NA sowohl von großzügigen Mengen als auch günstigen Schmelzlöhnen, das kann sich aber ändern.
  2. Ein weiterer Teil des Vormaterials stammt aus dem Recycling von Kupferschrott, der beispielsweise aus gebrauchten Elektrogeräten stammt. Diesen Kupferschrott kauft die Gesellschaft am freien Markt auf und verarbeitet das Material dann weiter. Der Gewinn wird vom Preisunterschied zwischen Schrottpreis und Absatzpreis bestimmt. Außerdem können die verfügbaren Schrottmengen stark schwanken. Zeitweise kaufen chinesische Schrotthändler spekulativ Bestände auf. In diesem Fall steigen die Kupferschrottpreise - und die Gewinnspannen im Recyclinggeschäft stehen unter Druck. Außerdem gehen dann die verfügbaren Mengen zurück. Zuletzt hielten sich die chinesischen Einkäufer allerdings zurück, vielleicht wegen des Preiseinbruches beim Kupfer. Die langfristige Versorgung mit Kupferschrott gilt allerdings als gesichert. Dafür sorgen unter anderem auch die europäischen Vorschriften für das Recycling von Autos oder Elektrogeräten. Derzeit baut die NA außerdem eine Anlage zur Verarbeitung von Elektronikschrott weiter aus. Außerdem errichtet die NA eine Produktionsstätte für Solarzellen, um am erhofften Boom der Alternativ-Energie teilzunehmen. Die Nachfrageseite profitiert vom Wachstum der Weltwirtschaft. Die weltweit hohen Investitionen in die Infrastruktur, neue Kraftwerke und neuartige Anwendungen für Kupfer sollten die Nachfrage weiter steigern. Besonders in der Boom-Region Asien, allen voran China, wächst der Bedarf an dem roten Metall überdurchschnittlich. Derzeit profitiert die NA auch von der guten Konjunktur in Europa - etwa dem Aufschwung der deutschen Bauwirtschaft - und den USA.

Allerdings ist das Unternehmen sehr konjunkturempfindlich. Sollte es zu einer Rezession kommen, dürfte die Nachfrage überdurchschnittlich stark zurückgehen.

Natürlich hat ein derart komplexes Unternehmen auch einige Schwachstellen. Die Achillesferse der NA ist der hohe Stromverbrauch bei der Schmelze des Kupferrohmaterials der Minen oder des Kupferschrotts. Leider ist der Strom in Deutschland, wo die Produktionsstätten der NA sind, besonders teuer. Dafür sind eine oligopolistische Anbieterstruktur in Deutschland sowie hohe Energiesteuern und die Kosten der CO2-Zertifikate verantwortlich. Das Management hat im vergangenen Jahr sogar damit gedroht, wegen der zu hohen Strompreise besonders energieintensive Betriebsteile in Hamburg stillzulegen. Das Bankhaus M.M. Warburg befürchtet, dass die Gewinne künftig durch die erhöhten Strompreise massiv belastet werden. Andere Researchhäuser wie West LB und HypoVereinsbank glauben aber, dass die genannten positiven Faktoren weiterhin überwiegen werden.

Auch die Schwankungen des US-Dollars können das Geschäftsergebnis stark beeinflussen. Die NA sichert zwar die Dollars, die sie aus den langfristigen Verträgen mit den amerikanischen Minen erhält, am Terminmarkt gegen Schwankungen ab. Allerdings laufen im kommenden Jahr einige Absicherungsgeschäfte aus. Es ist daher möglich, dass der Dollarkurs den Gewinn im kommenden Jahr verringert.

Außerdem müssen sich die Investoren darauf einstellen, dass gelegentlich ein Produktionsbetrieb stillsteht, weil dort Öfen und andere Anlagen gewartet werden. Das ist kostspielig und kann zu vorübergehenden Umsatzeinbrüchen führen. Als Bonbon erhalten die Investoren aber eine Dividende von 1,05 Euro je Aktie, fällig am 30. März. Das ergibt eine Rendite von knapp 5%.

Fazit: Die NA ist eine Wette auf die Fortsetzung der derzeitigen sehr vorteilhaften weltwirtschaftlichen Trends. Die Gewinne schwanken aber, weil sie von Schmelzlöhnen und anderen Faktoren abhängen, die ebenfalls schwanken. Derzeit sind alle Faktoren für die NA sehr günstig, die Gewinne also besonders hoch. Die Analysten rechnen daher vorerst mit rückläufigen Gewinnen. Außerdem hat das Papier in jüngster Zeit eine Menge Vorschusslorbeeren erhalten. Es dürfte schwerer werden, die Investoren in nächster Zeit noch mal zu verblüffen.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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