Kommentar
09:06 Uhr, 24.11.2017

Aktienmärkte heute: Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.

Die europäischen Aktienmärkte mussten zuletzt einiges über sich ergehen lassen: Der Konflikt in Nahost, die kontroverse Debatte über US-Steuersenkungen und nicht zuletzt die gescheiterte Bildung einer neuen Bundesregierung. Doch mit der weiterhin nicht wirklich restriktiven Geldpolitik und der soliden Weltkonjunktur verfügen Aktien über zwei stabile Standbeine. Vor allem die Emerging Markets in Asien zeigen sich wirtschaftlich robust. Welche Anlagechancen bieten die Schwellenländer noch? Und welche Impulse können sie auf die besonders export- und industrielastigen Aktien in Europa ausüben?


Wirtschaft in Europa - Basiseffekte sind Silber, Nachhaltigkeit ist Gold

Gemäß Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in der Eurozone ist die voranschreitende Konjunkturerholung intakt. Allerdings verläuft die Euro-Konjunkturerholung nicht gleichmäßig.

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Allerdings sollte man Basiseffekte, die aufgrund einer langjährigen Wirtschaftsmisere kein Wunder sind, nicht mit Nachhaltigkeit verwechseln. Was z.B. in Frankreich Not tut, sind wirkliche Wirtschaftsreformen. Die bislang ergriffenen Strukturmaßnahmen zielen zwar in die richtige Richtung. So profitieren vor allem mittelständische Unternehmen von der jüngst umgesetzten Arbeitsmarktreform. Demnach können Arbeitszeiten flexibler gestaltet und Gehälter in wirtschaftlich schwieriger Lage auch unter Tarif bezahlt werden. Zusätzlich werden Kündigungen mit gedeckelten Abfindungen erleichtert. Doch hält Präsident Macron daran fest, dass Abweichungen von Tarifverträgen nur mit der Zustimmung der Arbeitnehmervertreter möglich sind. Das ist beherzte Reform-Kosmetik, wo beherzte Kernsanierung angesagt wäre. Das Motto darf nicht lauten „Der Weg ist das Ziel“, sondern „Das Ziel ist das Ziel“. Und die Reformfähigkeit Italiens wurde bislang ebenso wenig entdeckt wie das Bernsteinzimmer. Europa braucht Standortverbesserungen, um erst nachhaltige Wachstumseffekte erzielen zu können. Europa gefällt sich zu sehr darin, jeden Wachstumskeim als epochal darzustellen.


Mittelstandsaktien auch in Frankreich im Fokus

Immerhin wurde über die kleinen Reformen Macrons der Anlegerblick auf französische, industrielastige Mittelstandsaktien geleitet, auch wenn sie ihren deutschen Pendants in puncto Wertentwicklung nicht ganz folgen können. Die nationale Karte ist aber als Begründung für ihre Renaissance nicht ausreichend. Schwerpunktmäßig führte die sich stabilisierende Weltkonjunktur speziell in den Schwellenländern zu deren Kurserholung. Nicht zuletzt entfachen diese Unternehmen aufgrund ihrer Industriepatente und Technologie-Know Hows eine enorme Übernahmephantasie insbesondere aus den Schwellenländern Asiens.

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Die zukünftigen Ex-Schwellenländer haben fundamentale Substanz

Die fundamentalen Probleme der Schwellenländer, die bis Ende 2015 sogar Ängste vor einer Asien-Krise hervorriefen, haben sich deutlich zurückgebildet. Das heißt nicht, dass diese Länder sakrosankt sind. Überhitzungen im gewerblichen und privaten Kreditbereich Chinas sind unverkennbar, denen die Aufsichtsbehörden in Form strikterer Kreditvergaberegeln entgegenwirken. Allerdings betreibt Chinas Zentralbank umfangreiche Liquiditätszuführungen zur Kompensation, ähnlich wie Fed, EZB oder Bank of Japan. Grundsätzlich ist die „Neue Konjunkturelle Sachlichkeit Chinas“ zu begrüßen, da sie die Fehlallokationen und Rezessionsgefahren gleichermaßen bekämpft.

Ohnehin sorgen die verhaltenen Rohstoffpreise für positive Wachstumsimpulse, die durch Fortschritte bei Wirtschaftsreformen weiter gefördert werden.

Insofern ist die äußerst positive Wertentwicklung der Aktienmärkte der Schwellenländer seit nunmehr zwei Jahren konsequent. Mit zunehmendem Anteil an der weltweiten Wertschöpfung ist eine Fortsetzung ihrer Aktienhausse zu erwarten. Im Vergleich zu den etablierten Industrieländern haben sie eine markante Performance-Lücke, die angesichts ihrer stabilen Fundamentaldaten, einer konsequenten Annahme der Herausforderungen der Digitalisierung und auch mit Blick auf ihre zunehmende geopolitische Bedeutung nicht gerechtfertigt ist.


GRAFIK DER WOCHE

Wertentwicklung Aktienmärkte Industrie- und Schwellenländer

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Für Chinas Aktienmarkt spricht die weitere Kapitalmarktliberalisierung. Da die chinesischen Festland-Börsen mit der Börse in Hong Kong verbunden werden, wird der Handel mit chinesischen Aktien für Auslandsanleger erleichtert. Daneben wurden fünf Prozent der chinesischen Festlandaktien in den MSCI Index für Schwellenländer aufgenommen, die dem Land für Indexinvestoren mehr Gewicht in ihren Aktienportfolios geben.


Staatsanleihen der Schwellenländer sind eine Anlage-Sünde Wert

Überhaupt haben sich die Kreditwürdigkeiten der Emerging Markets verbessert. Kürzlich hat die Rating-Agentur Moody’s die Bonitätsnote für indische Staatsanleihen erstmals seit 14 Jahren von Baa3 auf Baa2 angehoben. Sicherlich haben Schwellenländer vereinzelt noch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. So steht in Brasilien Präsident Temer wegen Korruptionsvorwürfen unter anhaltendem Druck. Doch bis auf die Türkei ist der Abwärtstrend der Ausfallprämien überall erkennbar. Mittlerweile gelten die Schwellenländer Asiens als weniger ausfallgefährdet als Italien und Portugal.

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Vor diesem Hintergrund und angesichts renditearmer Anleihen der Eurozone sind Staatstitel der Schwellenländer für risikofreudigere Anleger zumindest als Portfoliobeimischung interessant. So bieten 10-jährige Staatspapiere in Indien und Indonesien Renditen über sechs Prozent.

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Währungsverlustgefahren, die den Renditevorteil von Staatsanleihen der Schwellenländer gegenüber ihren eurozonalen Pendants aufzufressen drohen, haben sich ebenso verringert. Insbesondere die Währungen der asiatischen Schwellenländer haben an Schwankungsintensität verloren.

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US-Geldpolitik - Die bellt nur, will aber nicht beißen

Die Fed wird in der Tat nicht zum Währungsschreck der Schwellenländer. Ihre sanftmütige Zinserhöhungspolitik beugt Dollar-Aufwertungen vor und verhindert somit eine währungsabwertende Kapitalflucht in die USA. Ohnehin betrachten die USA Asien und Südamerika längst als attraktive Exportmärkte, die man sich mit starken Dollar-Befestigungen nicht verbauen möchte.

Tatsächlich werden bei der US-Notenbank gemäß Protokoll der vergangenen geldpolitischen Sitzung - die sogenannten Fed Minutes - die Zweifel am eigenen Inflationsausblick zunehmend größer. Bedenken, dass deutliche Zinserhöhungen die langfristigen US-Konjunktur- und Inflationserwartungen übermäßig dämpfen könnten, äußerte zuletzt auch die scheidende Fed-Chefin Yellen. Wenn schon eine beispiellos lockere Geldpolitik keine klare Inflationierung nach sich zieht, könnte eine striktere Fed-Ausrichtung den Deflationsprozess wieder befeuern.

Unter dem neuen Fed-Chef Powell, der im Februar 2018 sein Amt übernimmt, böte sich ein passender Zeitpunkt, um die US-Zinspolitik strukturell zu erneuern. Überlegungen, ein Überschießen der Inflation über zwei Prozent für einen längeren Zeitraum zuzulassen, gibt es in den Reihen der Fed schon länger. So könnte die Fed zukünftig eine passive Geldpolitik betreiben, wonach sie den Notenbankzins und auch die Anleiherenditen maximal an der Inflation ausrichtet. Preissteigerungen würden mit Zinssteigerungen bestenfalls egalisiert. Das reale Zinsumfeld in den USA würde damit nicht positiv. Damit könnte die Fed einerseits eine „Zinserhöhungsstrategie“ zur Glaubwürdigkeitssteigerung betreiben, andererseits aber ihre Unterstützung für US- und Weltkonjunktur sowie Aktienmärkte beibehalten.

Tatsächlich zeigt die Fed bereits diesen geldpolitischen Trick: Seit Beginn ihrer Zinserhöhungen Ende 2015 haben sich die realen Notenbankzinsen im Trend zurückgebildet. So viel zu einer restriktiven US-Geldpolitik.

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Marktstimmung - Mehr Licht als Schatten

Nach dem Kurs-Gewitter ist die Situation an den europäischen Aktienmärkten bereinigt. Die Kursverluste waren nicht umfangreich genug, um deutliche Zweifel an einer Jahresend-Rallye zu nähren, haben aber Überdruck aus dem Aktien-Kessel genommen.

Auch die Sentiment-Indikatoren für US-Aktien deuten nicht auf Unheil hin. Der Anteil der Optimisten minus Anteil der Pessimisten befindet sich in neutralem und nicht wie bisher im überhitzten Territorium, der erst als Kontraindikator drohende Konsolidierungen anzeigt.

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Die entscheidenden Zutaten für eine Wiederaufnahme der Jahresend-Rallye sind vorhanden. So bleibt die große geldpolitische Trendwende aus und das Klima in der Weltwirtschaft befindet sich auch laut ifo Institut auf dem höchsten Stand seit 2011. Setzt man die Einschätzung der Geschäftslage und -erwartungen für das IV. Quartal 2017 zueinander in Beziehung, hat sich die Weltwirtschaft angesichts einer verbesserten Geschäftslage und steigenden -erwartungen in der konjunkturellen Zyklusphase „Boom“ fest etabliert. Vor allem aus den Schwellen- und Entwicklungsländern wird ein Anziehen der Konjunktur erwartet. Politisch erwartet man in Deutschland zumindest eine „GroKo light“, also die Tolerierung einer von CDU/CSU geführten Regierung. Eine spätere „GroKo right“ ist nicht ausgeschlossen, sondern absehbar. Langwierige instabile politische Rahmenbedingungen drohen also nicht.

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Charttechnik DAX - Verlust an Dynamik

Charttechnisch verlaufen beim DAX auf dem Weg nach oben die ersten Widerstände bei 13.033, 13.064 und 13.145 Punkten. Darüber nimmt der Index Kurs auf die Barrieren bei 13.187, 13.229 und 13.342. Werden auch diese Widerstände überschritten, folgen weitere bei 13.431 und 13.489. Im Falle von neuerlichen Kursrücksetzern verläuft eine erste Unterstützung bei 12.969. Bei Unterschreitung ist mit Kursverlusten bis zur Unterstützung bei 12.952 und schließlich 12.921, 12.909 und 12.829 Punkten zu rechnen.


Der Wochenausblick für die KW 48 - Vor der Opec muss niemand Angst haben

Auf ihrem halbjährlichen Treffen in Wien am 30. November dürften die Opec-Staaten zwar eine Verlängerung ihrer Ölförderkürzungen beschließen, ohne damit jedoch - aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Fracking - längerfristigen Auftrieb bei den Ölpreisen zu generieren.

In China deuten die offiziellen Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende und Dienstleistungsgewerbe sowie das vom privaten Finanznachrichtendienst Caixin veröffentlichte Pendant für die Industrie auf eine grundsätzlich solide Konjunktursituation hin.

In den USA zeugt ein nahezu unveränderter ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe von einer stabilen US-Wirtschaft. Doch dürften die Konsumentenausgaben im Oktober zur Schwäche neigen.

In der Eurozone unterstreicht der Economic Sentiment Indikator der EU-Kommission die anhaltend positive Stimmung in der Konjunktur. Gemäß Vorabschätzungen für November lässt eine nennenswerte Inflationsbeschleunigung jedoch weiter auf sich warten und beruhigt Bedenken vor einer restriktiven Geldpolitik der EZB. In Deutschland zeichnen stabile Einzelhandelsumsätze und ein wieder freundlicherer GfK Konsumklimaindikator das Bild einer robusten Binnenkonjunktur.


HALVERS KOLUMNE

Egal, wer uns regiert - Deutschland braucht massive Wirtschaftskompetenz

Ausgerechnet Deutschland, das jahrzehntelang der politische Fels von Gibraltar in Europa, wenn nicht sogar weltweit war, steht nach dem Jamaika-Aus politisch instabil da. Selbstverständlich ist eine stabile Regierung erstrebenswert. Deutschland ist ja nicht irgendein Operettenstaat, sondern die viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt, die geopolitisch ebenso an Bedeutung gewonnen hat.


Es ist doch nicht gleichgültig, mit wem man koaliert

Doch können Parteien in einer Jamaika-Regierung gemäß ihrem Markenkern keine wahrnehmbaren inhaltlichen Duftmarken hinterlassen, laufen sie Gefahr, bei der nächsten Bundestagswahl zur außerparlamentarischen Opposition zu degenerieren. Dieses Schicksal hat die FDP schon einmal erleiden müssen, nachdem Frau Merkel sie programmatisch am langen Arm hat verhungern lassen. Daher scheute die FDP den politischen Fluch der jamaikanischen Karibik. Im tiefen Herzen wollten aber alle Sondierungspartner Jamaika nicht. Niemand sollte mit inszenierter Dramaturgie Dolchstoßlegenden aufbauen. Wer ohne parteipolitische Sünde ist, werfe den ersten Stein.

Regieren um jeden Preis hat viele Kollateralschäden. Was bringt denn eine Regierung, die nichts bringt, deren Partner sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht „grün“ sind und sich daher auch nicht an die heißen Eisen wagen? Ein bisschen Paloma, ein bisschen Aroma, konkret ein wenig Ökonomie, ein Kinderteller Ökologie, eine Prise Wertkonservatismus und über allem der sehr flexibel schwebende, heilige Geist von Mutti sind zu wenig, um Deutschland in die Zukunft zu führen. Nur moderieren statt regieren, nur verwalten statt gestalten, geht vielleicht im Kegelclub „Alle Neune“, aber nicht in einer Bundesregierung. Es wächst politisch nicht zusammen, was politisch nicht zusammen gehört. „Mischen impossible!“

Die Notgemeinschaft einer schwachen Regierung ist auch im Zuge der verstärkten Europäischen Integration nicht zu gebrauchen. Dabei geht es um die Frage, ob die Eurozone eine Stabilitätsunion oder eine Schuldenunion à la manière française werden soll. Im Moment hat Macron in Frankreich eine dicke absolute Mehrheit und kann regieren wie ein Sonnenkönig. Ohnehin ist die politische Mehrheit der anderen Euro-Länder eindeutig mehr an französischer Schuldentoleranz und Reform-Laissez faire als an „germanischem Stabilitätsdiktat“ interessiert. Ein Macron- wird einem Merkel- Europa vorgezogen. Wie soll hier ein gehemmter, sich gegenseitig misstrauender Berliner Regierungsapparat ein geeignetes Gegengewicht zu Paris bilden?



Deutschland wird nicht zu einer Bananenrepublik

Die Aktienbörse in Deutschland zeigt sich nicht in politischer Katastrophenstimmung. Dort scheint man zu denken: Lieber keine Jamaika-Regierung als eine, bei der die Sonne über der Insel nicht mehr aufgeht. Verwöhnt ist man ja ohnehin nicht. Schon in den letzten Jahren blieben finanz- und wirtschaftspolitische Lustgewinne - z.B. Förderung des Aktiensparens zur Altersvorsorge - aus.

Im Übrigen wird Deutschland nicht unregierbar. Zunächst wird es wohl eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der SPD geben. Ihre Merkel-Allergie klingt ab. Das ist die Balance zwischen Totalverweigerung und Gesichtsverlust. So ein Tolerierungsbündnis der Marke „GroKo Light“ hat durchaus politischen Charme. Die Rechte der Bundestagsabgeordneten, die lange Jahre vielfach nur zum Abnicken gebraucht wurden, werden wichtiger. Die Entpolitisierung des Parlaments würde beendet. Es ist nicht schlecht, wenn unser „Präsidialsystem“ wieder „parlamentarisiert“ wird.

Dennoch wollen wir Deutsche politisch stabile Verhältnisse. Das liegt in unserer DNA. Daher sind irgendwann im Frühjahr Neuwahlen zu erwarten. Die politischen Gewitter haben sich dann ausgetobt. Sollte es dann erneut zu einem ähnlichen Wahlergebnis wie am 24. September kommen, werden sich die Sozialdemokraten einer „GroKo right“ gemäß „Erst kommt das Land, dann die Partei“ nicht mehr verweigern können. Als Gegenleistung werden sie eine ordentliche Wunschliste an die Union senden. Gespannt darf man auch sein, ob es auf der GroKo-Bounty zur Meuterei gegen Kapitän Merkel - dem zweifachen Sargnagel der SPD - kommen wird? Da ist so manches Hühnchen noch nicht gerupft.


Börse läuft trotz Politik, nicht wegen Politik

Grundsätzlich gilt aber auch für Deutschland: Politische Börsen haben kurze Beine. Dieser wohl bekannteste Börsenkalauer hat sich in den letzten Jahren weltweit zu einem Naturgesetz entwickelt. Solange die Notenbanken das Börsenschiff mit genügend Wasser versorgen und die Weltkonjunktur die Unternehmensgewinne antreibt wie der Wind das Segel, kann die politische Brücke nicht alles kaputt machen.

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Ohnehin sind deutsche börsennotierte Unternehmen immer weniger an Deutschland gebunden. Auch andere Länder haben schöne Standorte. Dort wird ihnen der rote Teppich breit ausgelegt. Und solange diese Aktiengesellschaften weltweit erfolgreich sind und weiter ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, profitieren sie und die von ihnen bestückten deutschen Aktienindizes ziemlich unabhängig von den Niederungen der nationalen deutschen Politik.


Arbeitnehmer sind der nationalen Wirtschaftspolitik ausgeliefert

Diese internationale Mobilität haben aber die allerwenigsten deutschen Arbeitnehmer. Sie sind auf eine Regierung angewiesen, die ihnen den Rücken frei hält, also den deutschen Wirtschaftsstandort stärkt. Die dazu notwendige Reformpolitik tut dem Wähler zunächst zwar weh. Aber Politik muss sogar wehtun, wenn es um die Zukunft Deutschlands geht. Eine gute Bundesregierung hat Ähnlichkeiten mit einem Zahnarzt: Ohne die kurzfristigen Schmerzen bei der Beseitigung von Parodontose und Karies ist längerfristig keine Schmerzfreiheit möglich.

Wir brauchen massive Infrastrukturmaßnahmen, eimerweise Bildung und vor allem das beherzte Angehen der Digitalisierung, die man bitte nicht nur als soziales Problem begreifen sollte. Entweder Deutschland frisst hier mit oder wird gefressen. Deutschland muss so sexy sein, dass innovative Unternehmen einen starken Reiz spüren, hier zu investieren. Übrigens, so lassen sich auch Entlassungen wie z.B. bei Siemens oder ThyssenKrupp - die in global brutal hartem Wettbewerb stehende Unternehmen leider vornehmen müssen - durch alternative Beschäftigungsverhältnisse wettmachen. Für das Ausbügeln wirtschaftspolitisch falscher Weichenstellungen ist die betriebswirtschaftliche Seite - wo sicherlich auch Fehler gemacht werden - nicht zuständig. Der Fisch stinkt vom Kopf her.

Wenn Deutschland nicht mit der Zeit geht, geht es mit der Zeit


Deutschland braucht nicht irgendeine Regierung, sondern die Regierung!

Eine Bundesregierung muss mit der großen Familienpackung Wirtschaftskompetenz aufwarten. Denn die augenblicklich gute Lage ist eben nur augenblicklich gut. Allein mit politischer Überkorrektheit, Gesundbeterei, Hypermoralismus und Innovationsalarm kommt Deutschland längerfristig nicht über die wirtschaftlichen Runden. Die ausländische Konkurrenz ist deutlich weniger pastoral unterwegs. Sie wollen die Globalisierung und Digitalisierung gerne auch zulasten des deutschen Wirtschaftsstandorts für sich gewinnen. Wirtschaftspolitik heißt nicht „Wünsch Dir was“, sondern „So isses“.


VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK

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KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

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Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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