Kommentar
11:05 Uhr, 16.06.2011

Agrargüter: Lagerbestände nehmen weltweit ab

Schnell wachsende Nachfrage, langsame Angebotssteigerungen: Das ist die Petrischale, in der steigende Rohstoffpreise keimen. Die weltweite stocks-to-use-ratio, das Verhältnis zwischen Agrargütern und dem jährlichen Verbrauch, fiel von 35% Mitte der 1980er Jahre auf mittlerweile nur noch 20%. Dieser Wert ist so niedrig wie zuletzt im Jahr 1961. Der Rückgang ist vor allem auf Missernten, bedingt durch widrige klimatische Bedingungen in wichtigen Anbauregionen der Erde – von den USA, Lateinamerika bis Osteuropa – zurückzuführen.

Im vergangenen Jahr verschärfte sich die Situation durch eine starke Ausprägung des Wetterphänomens La Niña. La Niña, das Gegenteil von El Niño, bezeichnet die Wasseroberflächentemperaturen vor der Westküste Lateinamerikas. Sie sanken im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren. Wenn das kalte Wasser auf die tropischen Wassermassen vor Ostaustralien und Südostasien trifft, leistet dies Verdunstungen Vorschub, woraus Verzerrungen des Wetters in angrenzenden Regionen resultierten. Die Jahrhundertflut in Queensland im Nordosten Australiens, die Dürre in Pakistan und Nordostchina sowie ein fast ausbleibender Monsunregen in Indien werden direkt in Verbindung mit diesem Wetterphänomen gebracht.

Mittelfristig spielen jedoch noch ganz andere Größen mit. Wie bei Kupfer, wo selbst große und erfahrene Bergbaukonzerne pro Tonne gebrochenem Stein im Vergleich zu der guten Ausbeute von vor 20 Jahren nur noch einen Bruchteil des Erzes gewinnen, können auch Landwirte, die schon seit Jahrzehnten im Geschäft sind, ihre Erntemengen pro Quadratmeter Land nicht mehr mit der Ge schwindigkeit ausweiten, wie dies noch etwa vor zwanzig Jahren der Fall war. Die Ertragsraten pro Quadratmeter Land können immer langsamer ausgeweitet werden, während die gesamte Ackerfläche durch den Wassermangel eher noch fällt. Wenn gleich diese Ent wicklung mit den täglichen Preisbewegungen an den Warenterminbörsen für Agrargüter herzlich wenig zu tun haben, wirken sie sich als säkularer Trend übergeordnet im Preisge sche hen aus.

„Die weltweiten Agrarlager haben relativ zur Nachfrage seit 1985 um ein Drittel abgenommen.“ - Zitat Jochen Stanzl, Chefredakteur Rohstoff-Report.de -

Das niedrige Stocks-to-use-Ratio ist signifikant, da es eine enge Korrelation zwischen Lagerbeständen und der Preisentwicklung gibt. In der Saison 1996/97 fiel die Verhältniszahl auf 24%, während die Weltmarktpreise für Getreide auf 285 Dollar pro Tonne stiegen. In der Saison 1999/2000 stieg die Verhältniszahl kurzzeitig bis auf 30% und die Getreidepreise fielen auf 102 Dollar pro Tonne im Dezember 1999.

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