Kommentar
17:10 Uhr, 30.04.2024

Wie die Federal Reserve der Bundesbank nachahmt

Am Mittwoch wird die US-Notenbank Anleger aller Voraussicht nach auf etwas einstellen, was man von der Bundesbank kennt. Der alte Ansatz der Bundesbank wird wiederentdeckt.

Grundsätzlich ist der Verlauf der Leitzinsen in Deutschland bzw. der Eurozone mit dem Zinsverlauf in den USA stark korreliert. Es kommt selten vor, dass eine Zentralbank die Zinsen anhebt und die andere die Zinsen senkt. Es gab lediglich eine Phase, in der sich die Zinspolitik in Deutschland von der in den USA wesentlich unterschied. Das war Anfang und Mitte der 90er-Jahre. Der Unterschied lässt sich durch die Wiedervereinigung erklären.

In den Jahrzehnten davor und danach verliefen die Zinszyklen parallel (Grafik 1). Ein sehr offensichtlicher gelpolitischer Fehler unterlief der EZB 2011. Der Zins wurde kurz nach Beginn der Euro-Schuldenkrise angehoben. 2010 wurde Griechenland von Ratingagenturen abgestuft und die Anleihen fielen in den Ramschbereich. Dadurch konnten viele Investoren nicht mehr in griechische Anleihen investieren. Es musste ein erstes Rettungspaket in der Höhe von 110 Mrd. EUR geschnürt werden.

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Wie die EZB zu dem Schluss kam, dass der Bankrott eines Staates eine gute Grundlage für Zinserhöhungen ist, weiß nur sie selbst. Durch spätere Negativzinsen und Quantitative Easing versuchte sie wohl, den Fehler wettzumachen. Inzwischen ist der Fehler vergessen und die aktuelle Frage lautet lediglich, wann die Zinsen zum ersten Mal gesenkt werden. Alles deutet auf Juni hin.

Das Zinsplateau würde in diesem Fall zehn Monate betragen. Das erscheint angesichts der jüngeren Geschichte wie eine lange Zeit. Tatsächlich hat eine Zentralbank Zinsplateaus lange Zeit erfolgreich als geldpolitisches Instrument genutzt. Die Bundesbank bediente sich langanhaltend hoher Zinsen von 1950 bis 1985. Das unterschied die Zinspolitik der Bundesbank von jener der Fed, die die Zinsen im Vergleich sprunghaft änderte.


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Während die EZB seit Bestehen kurze Zinsplateaus nutzt, werden sie bei der Fed immer länger. Bei einer Zinssenkung im September wäre das Plateau ähnlich lang wie vor der Finanzkrise (Grafik 2). Denkbar ist auch eine Zinssenkung im Dezember. Dann wäre es das bisher längste Plateau.

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Zinsplateaus haben für die Bundesbank Wunder bewirkt. Je volatiler die Zinsentwicklung ist, desto problematischer ist es für die Wirtschaft. Durch eine weniger sprunghafte Geldpolitik lag die Inflation in Deutschland systematischer tiefer als in anderen Ländern, auch wenn es kurzfristig länger dauerte, bis die Inflation wieder ein Normalniveau erreichte. Insgesamt waren lange Zinsplateaus die richtige Entscheidung. Jetzt wird dieses Erfolgsrezept wiederentdeckt.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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