Was hat den Aufruhr an den Märkten verursacht? <br />
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Die aktuellen Unsicherheiten an den Finanzmärkten werden bisweilen als eine Reaktion auf die wachsende Inflationsangst gewertet. Das könne aber nicht der einzige Grund sein, sagt Lex Hoogduin, Chefvolkswirt bei Robeco. Denn zum einen seien Aktien bei wachsenden Inflationsängsten die bessere Absicherung als Rentenpapiere. Dennoch leiden gerade die globalen Aktienmärkte unter Kurseinbrüchen. Zum anderen treiben unsichere Inflationserwartungen die Nachfrage nach Gold in die Höhe. Der Goldpreis gab aktuell jedoch nach.
Nach Einschätzung von Lex Hoogduin wurde der Aufruhr an den Märkten durch die Erkenntnis der Anleger verursacht, dass die Welt nicht mehr so stabil und vorhersehbar ist, wie bisher angenommen. Einer der Gründe hierfür sei die ungewisse Währungspolitik der amerikanischen Zentralbank (Fed). Vor allem die Unsicherheit über den Zeitpunkt der Wende des US Zins- und Wachstumszyklusses sei mit der Hauptgrund für die gestiegene Risikowahrnehmung und die Volatilität. Zum anderen waren die Risikoprämien aufgrund des gestiegenen Risikoappetits der Anleger an vielen Märkten auf einem sehr niedrigen Niveau. Durch die Korrekturen seien die Risikoprämien großteils wieder auf ein "normales" Niveau zurückgeführt worden. Lex Hoogduin geht nicht davon aus, dass dieser Umkehrungsprozess schon abgeschlossen ist. Die Langzeitzinsen in den USA und Europa seien niedriger als während eines Wachstumstrends unter dem Gesichtspunkt der Preisstabilität zu erwarten sei.
Hoogduin hält es durchaus für möglich, dass die Korrekturen an den Märkten kurzfristig noch anhalten. Es müsse sogar damit gerechnet werden, dass die Kurse unter ein gesundes Maß fallen. Der Ausblick für die US-Wirtschaft, der Ölpreis oder politische Einflüsse wie die Situation im Iran und im Mittleren Osten seien Faktoren, die zu einer Überhitzung führen könnten. Vor allem schlechte Nachrichten der beiden letztgenannten Faktoren könnten zu einer erhöhten Risikoaversion der Anleger führen, gute Nachrichten hätten den gegenteiligen Effekt.
Entscheidend für Lex Hoogduin ist jedoch die Situation in den USA. Der Tumult an den Märkten sei von den den amerikanischen Finanzmärkten ausgegangen und habe sich dann auf die restlichen Märkte ausgeweitet, die Rohstoffmärkte eingeschlossen. Die Auswirkungen an den restlichen Märkten waren sogar noch stärker als am US-Markt selbst. Grund hierfür sei, dass diese Märkte als risikoreicher wahrgenommen werden als die USA.
Für den Ausblick der USA gibt es für Hoogduin derzeit zwei Kernfragen. Zum einen stelle sich die Frage, wie weit die Geldpolitik nach Meinung der Fed angezogen werden muss, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Zum anderen sei unklar, wie sehr sich die US-Wirtschaft abkühlen wird. Derzeit scheint für Hoogduin das Szenario einer milden Abschwächung (Wachstum zwischen 2,5 und 3 Prozent) am wahrscheinlichsten. Langfristig gesehen sei eine Abkühlung unvermeidlich. Das Wachstum liege über seinem Potenzial und es gäbe kaum Reservekapazitäten, so Hoogduin. Die Fed werde in naher Zukunft eine Abschwächung einfädeln, da ist sich Hoogduin sicher. Die Frage lautet also nicht, ob es zu einem Rückgang des US-Wachstums kommt, sondern wann der Rückgang eingeleitet wird und wie stark die Abkühlung sein wird. Eine leichte Abkühlung deute sich bereits an. Jedoch liege das Wachstum höher als bisher angenommen. Es sei also fraglich, ob die Abschwächung ausreichen wird, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen.
Diesen Monat sei es für die Fed am vernünftigsten, nichts zu unternehmen, sagt Lex Hoogduin. Grund hierfür seien für ihn die zugrundeliegenden Daten. Dennoch sei es diesen Monat sehr wahrscheinlich, dass der US-Notenbankchef Ben Bernanke die Zinsen um 25 Basispunkte anheben wird, um Spektikern zu zeigen, dass er die Inflation ernstahft bekämpft.
Die von der US-Wirtschaft ausgehenden Entwicklungen an den Finanzmärkten scheinen bislang keinen großen Einfluss auf die Volkswirtschaften in der Eurozone und Japan zu haben. Die Eurozone hält mit einer Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts zwischen 2 und 2,5 Prozent den Kurs. Die Deflation in Japan scheint überwunden, so Hoogduin. Der bisher geringe Einfluss auf diese Volkswirtschaften könne sich jedoch ändern. Die Abschwächung des US-Wachstums und / oder die höheren Risikoprämien könnten das Wachstum der restlichen Märkte negativ beeinflussen. Dennoch geht Hoogduin davon aus, dass dieses Jahr für die Weltwirtschaft gut bleibt.
Bildlich gesprochen könnte man sagen, dass am bisher wolkenlosen, blauen Himmel ein paar Wolken aufgezogen sind. Vorerst bleibe die Regenwahrscheinlichkeit jedoch gering.
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