Kommentar
08:16 Uhr, 21.01.2015

Warum QE funktionieren wird

Die Kritiker von QE übersehen einen entscheidenden Punkt: Selbst wenn durch die zusätzliche Liquidität nur die Vermögenspreise weiter steigen, kann schon das einen positiven Effekt auf die europäische Wirtschaft haben.

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Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag ein groß angelegtes Programm zum Kauf von Staatsanleihen (QE-Programm) beschließen. QE beinhaltet im Einzelnen, dass die EZB Buchgeld (gewissermaßen aus dem Nichts) erzeugt und mit diesem Geld Staatsanleihen oder andere Vermögenswerte aufkauft. Sinn und Zweck des Ganzen: Konjunktur und Inflation in der Eurozone sollen angekurbelt werden.

Die zahlreichen QE-Kritiker besonders in Deutschland bezweifeln aber, dass durch die Anleihenkäufe überhaupt positive Effekte für die Realwirtschaft entstehen. So betonen die Kritiker etwa, dass die Zinsen bereits jetzt auf einem rekordniedrigen Niveau sind und es in der Eurozone auch kein Liquiditätsproblem gebe.

Beide Punkte sind richtig, sind aber zur Beurteilung der Frage, ob QE wirksam sein wird, nicht entscheidend. Denn QE wirkt eben nicht nur, in dem die Zinsen weiter gedrückt werden oder indem ein Liquiditätsproblem beseitigt wird. Im Falle der Eurozone dürfte ein anderer Effekt weitaus größere Relevanz besitzen.

Wie auch fast alle QE-Kritiker zugeben, führt die mit QE einhergehende zusätzliche Liquidität zu einem Anstieg der Vermögenspreise. Insbesondere Kurse von Aktien und Anleihen sowie Immobilienpreise werden durch die zusätzliche Liquidität nach oben getrieben. Denn Banken müssen die überschüssige Liquidität irgendwo investieren, und so fließt das viele Geld vor allem in die Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärkte. Da die EZB inzwischen sogar negative Einlagenzinsen für die Banken eingeführt hat, ist der Anreiz, das Geld in Vermögenswerte zu stecken, sogar noch größer als seinerzeit in den USA.

Die Kritiker behaupten nun, dass dieser Anstieg der Vermögenspreise keine Auswirkungen auf die Realwirtschaft hat, aber das ist zweifelhaft. Durch den Anstieg der Vermögenspreise steigen die Vermögenswerte der hoch verschuldeten Verbraucher, Unternehmen und Staaten, während ihre Schulden nominal konstant bleiben. Die Verschuldung in Bezug auf die vorhandenen Vermögenswerte geht also automatisch zurück, wenn die Vermögenspreise steigen. Steigende Vermögenspreise bei konstanter Schuldenhöhe führen automatisch zu monetären Buchgewinnen. Da zumindest der gefühlte Wohlstand höher ist, steigen auch Konsum und Investitionen. Der positive Effekt eines Anstiegs der Vermögenspreise auf die Ausgaben der Verbraucher und Unternehmen wird auch als "wealth effect" bezeichnet. Eben dieser Effekt erlaubt es Unternehmen und auch Staaten, Restrukturierungen und Strukturreformen umzusetzen, ohne zusätzliche Verluste befürchten zu müssen oder die Konjunktur weiter abzuwürgen. Da die Verschuldung von Staaten und Banken in der Eurozone besonders hoch ist, könnte QE hier sogar einen besonders starken Effekt auf die Realwirtschaft haben.

Kritiker könnten nun einwenden, dass der Anstieg der Vermögenspreise ja nicht real ist, da es sich ausschließlich um Buchgewinne handelt, die nach einem Ende von QE auch schnell wieder verschwinden können. Aber auch das ist nicht zwangsläufig richtig. Denn wird auch nach einem Ende von QE die Geldmenge nicht wieder reduziert und ziehen irgendwann auch die Verbraucherpreise wieder an, dann kann der Anstieg der Vermögenspreise durchaus von Dauer sein, denn langfristig steigen Vermögenspreise ohnehin.

Andererseits reicht schon das subjektive Empfinden eines höheren Wohlstands aus, um den Konsum anzukurbeln und so die Wirtschaft tatsächlich zu beleben. Ob der Wohlstand tatsächlich höher ist oder nur auf dem Papier existiert, ist in der kurzfristigen Betrachtung nebensächlich, denn der zusätzliche Konsum führt dazu, dass auch die reale wirtschaftliche Aktivität zulegt.

Steigender Wohlstand ist zu einem gewissen Grad also eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Werden die Wirtschaftssubjekte optimistischer, kurbeln sie schon deshalb Konsum und Investitionen an und haben in der Folge auch mehr Gründe, optimistisch zu sein. Langfristig drohen natürlich Verluste, zum Beispiel wenn sich die durch das billige Geld angeschobenen Investitionen in einem Umfeld steigender Zinsen irgendwann nicht mehr rentieren.

Bleibt die Frage, warum der Effekt der steigenden Vermögenspreise die Konjunktur noch längst nicht angekurbelt hat, obwohl die Vermögenspreise bereits seit Jahren steigen. Hier ist der entscheidende Punkt, dass in vielen südeuropäischen Kristenstaaten die Aktienkurse und Immobilienpreise auch heute noch unter dem Niveau vor der Finanzkrise liegen. Außerdem hatten die Haushalte und Unternehmen eine höhere Arbeitslosigkeit und eine geringere Nachfrage zu verkraften. QE könnte hier also einen dezidiert positiven Effekt haben, wenn die Vermögenspreise das Niveau von vor der Finanzkrise wieder übersteigen. Steigende Vermögenspreise und eine anziehende wirtschaftliche Aktivität könnten sich gegenseitig befeuern, wie dies auch in den USA zu beobachten war.

Fazit: QE dürfte vor allem zu einem Anstieg der Vermögenspreise führen, wodurch zumindest der gefühlte Wohlstand und in der Folge auch die wirtschaftliche Aktivität deutlich zunimmt. Da die Verschuldung in der Eurozone sehr hoch ist, könnte der durch QE bedingte Vermögenspreisanstieg einen positiven Effekt auf die europäische Konjunktur haben und Wachstum und Inflation ankurbeln. Längerfristig besteht allerdings die Gefahr, dass Blasen am Aktien- und Immobilienmarkt durch das viele billige Geld genährt werden. Gefährdet sein dürften insbesondere wirtschaftlich stabile Länder wie Deutschland, in denen die Vermögenspreise seit der Finanzkrise bereits stark gestiegen sind.

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67 Kommentare

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  • student
    student

    Sinn und Zweck des Ganzen: Konjunktur und Inflation in der Eurozone sollen angekurbelt werden.

    Sehr geehrter Herr Baron,

    wenn die Banken realwirtschaftlich und gemeinwohlfördernd ausgerichtet wären und vorrangig Infrastrukturprojekte und produktive Unternehmen finanzierten, wäre europaweit die Arbeitslosigkeit Geschichte.

    Die Bevölkerung würde mit Vertrauen in die Zukunft blicken, Kinder in die Welt setzen, qualifiziert ausbilden und für mehr Freiheit und Demokratie kämpfen.

    Der Kulturoptimismus würde völkerübergreifend die Menschen dazu anstiften, nach Höherem zu streben, die Armut, Krankheit und den Hunger zu eliminieren, den Weltraum zu erobern und für Frieden und Wohlstand sorgen.

    Das widerspricht eklatant der monetaristischen Lehre von maximaler Ausbeutung/Effizienz und Gewinnmaximierung/Verlustsozialisierung.

    Da kann es nur einen geben. Vom Rest spricht man nicht.

    The winner takes it all. zu 100%

    Viele Grüße

    01:01 Uhr, 23.01. 2015
  • Morningstar
    Morningstar

    ​Bitte was ist denn das für ein aus den Fingern gezogener Unsinn. Die EZB manipuliert über Staatsanleihekäufe andere Vermögenswerte nach oben, damit Europa sich reicher fühlt und dadurch mehr konsumiert????Warum hat das bisher nicht geklappt??? Völlig an der Realität vorbei fantasiert. QE führt lediglich zu einer sich weiter verstärkenden Kapitalfehlallokation. Wir brauchen keine zusätzlich Zusatzliquidität. Europa ist in dem Dilemma, dass wir einerseits Entschuldung brauchen für eine gesündere Finanzbasis und andererseits zusätzliche Investitionsprogramme was Punkt 1 wieder konterkariert. Also entscheiden wir uns für ein jetziges Desaster durch Schuldenschnitte oder legen ein Investitionsprogramm nach dem anderen auf mit dem Risiko dass uns die Schulden später um die Ohren fliegen. Aber QE ist eine Feigheitslösung, die Probleme mit Nullzinspolitik verdeckt. Herr Draghi - setzen 6.

    10:26 Uhr, 22.01. 2015
  • bembes
    bembes

    ​Die Spekulation mit Staatsanleihen kann also ab heute munter weiter gehen. Mister "Draghi"

    will ja zwischen 500 und 1.000 Mrd. davon kaufen. Mit welchem Geld eigentlich und glaubt

    er wirklich, dass davon die Industrie mehr Kredite benötigt. Die Industrie wird in der BRD

    nur noch das "Notwendigste" investieren und den Rest im billigen Ausland investieren.

    Auch der Siemens-Boss braucht keine ausländischen Fachkräfte, da er seine in der BRD vorhandenen Fachkräfte lieber entläßt. Der nächste Sozialplan und Verkauf von Unter-

    nehmensteilen läßt grüßen !!!

    Aber alles wird gut !!

    07:45 Uhr, 22.01. 2015
  • student
    student

    "Bleibt die Frage, warum der Effekt der steigenden Vermögenspreise die Konjunktur noch längst nicht angekurbelt hat, obwohl die Vermögenspreise bereits seit Jahren steigen."

    Lieber Herr Baron,

    Die Spekulationsblase ködert die Anleger mit Gewinnversprechen, die höher sind, als das Anlageuniversum, das in der Realwirtschaft oder in Staatspapieren erreichbar ist.

    Seit Einführung des Euro sind die Anleger in der dot.com-Blase und der Finanzkrise 2008 mit persönlichen Verlusten und Rettungspaketen schon massiv abgegrast worden.

    Dass zur Finanzierung des Derivatcasinos und damit zur Erhaltung des völlig bankrotten Finanzsystems so ganz langsam die laufenden Steuereinnahmen der noch reichen Länder wie Deutschland und der Niederlande zugunsten weniger Superreicher ausgeplündert werden, (die zur Erhaltung des staatlichen Gemeinwesens Millionen Menschen direkt durch Löhne und die ganze restliche Bevölkerung notwendig sind) , ist der größte Raubzug in der Geschichte.

    So wie ein Krieg die Völker in jeder Hinsicht ruiniert, so führt der Sparzwang durch QE (und der Druck der Weitergabe der Staatsanleihen an die Notenbanken der Länder und der Regierungen) zu einem finanziellen Notstand in den Staatsausgaben (da 90% der Ausgaben per Gesetz festgelegt sind).

    Das hat den erwünschten Effekt, dass die Eurokrise ganz schnell zur Krise der Nationalstaaten wird, die den totalitären Zentralstaat EU durch die Machtergreifung von Juncker und Schäuble mit Hilfe der EZB ermöglicht.

    Sind die laufenden Steuermittel erst unter ihrer Kontrolle, ist der nächste Schritt die Überschuldung der Haushalte des Bundes, der Länder und der Privaten Haushalte durch "Rettungspakete", bis das dahinsterbende Volk den Industriestandort Deutschland zum Agrarstaat und dann zum Naturreservat des WWF von Prinz Phillip verwandelt.

    Lieber Herr Baron,

    ein Industriestaat ermöglicht mehr Menschen, freier zu leben, als in einem feudalen Agrarstaat.

    Wäre mehr Freiheit erwünscht, kann man mit einer Entwicklungsbank und "nur" lächerlichen 1.000 Mrd. Euro an Grundkapital eine Infrastruktur und eine Industriegesellschaft aufbauen, die unsere Vorstellungskraft sprengt.

    Es wird aber jede industrielle Entwicklung verhindert. Eurolandweit. . . .blühende Bioreservate.

    Der TRANSRAPID: China baut die Magnetschwebebahn: sie ist schneller, braucht weniger Energie und die Magnetbahn kann Hindernisse bis 30% (!) Steigung überwinden.

    ENERGIEWENDE: In Deutschland wird ein AKW nach dem anderen einfach abgeschaltet. Wir kaufen vom Ausland - und zahlen die höchsten Strompreise in Europa. Weil billige Energie verhindert wird.

    Die Industrie verlagert alles, was energieintensiv oder "klimaschädlich" ist, ins Ausland.

    Immer mehr Waren des täglichen Bedarfs, die wir qualitativ besser selbst erzeugen könnten, kommen vom Ausland.

    Stattdessen geben wir uns dem kollektiv gesteuerten Wahn hin, mit Geld und noch mehr Geld wird alles gut.

    In Wirklichkeit gehen wir bankrott, indem wir das Wissen und die Fähigkeiten, qualitativ hochwertige Waren aus Rohstoffen für uns zu erzeugen, an andere abgeben. Die Quelle unseres Reichtums.

    02:01 Uhr, 22.01. 2015
  • frechdachs
    frechdachs

    22:25 Uhr, 21.01. 2015
  • LAM
    LAM

    ​@Xenakrieger tut mir leid... im Endefekt geht es mir nur um MEINE Kaufkraft... um MEIN persönliches Wohl und dann in zweiter Linie um andere.... wer abstreitet, das es ihm genau so geht ist einfach ein Heuchler oder demjenigen geht es schon ZU gut....


    Ich für mich habe jedenfalls vom Euro und der Europolitik verabschiedet und fast nur noch Investments in Fremdwährung, und wenn dass der Rest auch begreift ist es zu spät^^

    22:11 Uhr, 21.01. 2015
  • LAM
    LAM

    ​Das ist Blödsinn: Warum?

    Weil die meisten Deutschen nicht in Aktien investiert sind, weil die meisten sich durch die Politik in der EZB in die Enge getrieben fühlen... kaum noch Zinsen... Wer bitte soll in der Eurozone mehr investieren und konsumieren? Es gibt keine "Wertschöpfung" auf breiter Front, wenn man das überhaupt so nennen kann ..

    Profitieren tun da bloß Ausländische Investoren die eh den Hauptanteil der deutschen Aktienunternehmen halten; und die werde garantiert nicht in Europa investieren.

    21:54 Uhr, 21.01. 2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Hört sich schlüssig an, in der Theorie. Funktioniert in der Praxis eher schlecht. Trotz aller bisheriger Maßnahmen wollen die Pferde nicht saufen. Da wird auch das Programm von Moneten-Mario nicht wirklich helfen. Die USA erleben trotz aller QE Programme den mit Abstand schwächsten Aufschwung der letzten Jahrzehnte und sind bereits wieder deutlich am schwächeln. Immerhin rettet Draghi seine Bankerkumpels die in Zombiebanken ein Vorstandssalär in Millionenhöhe einkassieren. Er rettet zunächst auch die Politik vor dem Offenbarungseid, wenn seine Nummer funktioniert........möglicherweise seine letzte Nummer......

    21:50 Uhr, 21.01. 2015
  • Investor
    Investor

    16:25 Uhr, 21.01. 2015
  • Löwe30
    Löwe30
    15:59 Uhr, 21.01. 2015
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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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