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14:17 Uhr, 26.01.2001

US-Wirtschaft: Warnungen

Wer zur Zeit auf der Suche nach optimistischen Daten in den Wirtschafts-Indikatoren ist, wird nicht gerade mit einer Fülle von Daten überschüttet werden. Der letzte Index der University of Michigan, welcher das Sentiment der US-Konsumenten wiederspiegelt, fiel im Januar 5 Punkte nach einem Rückgang von 9 Punkten im Dezember. Seit Auferlegung des Index 1978 war kein derart großer Rückgang in zwei Monaten in Folge zu beobachten. Ein leicht höherer Rückgang war vor den Rezessionen in den USA 1980 und 1990 zu sehen.

Obwohl eine Reihe von Wirtschaftsanalysten vorhersagen, dass die US-Regierung eine Rezession verhindern werde, ist das Vertrauen der Konsumenten ein schwergewichtiges Problem. Ein weiter rückläufiges Vertrauen der Konsumenten in die Wirtschaft leitet einen verhängnissvollen Kreis ein: Konsumenten geben weniger Geld aus, was die Gewinne der Unternehmen kürzt und was zu Entlassungen und tieferen Aktienkursen führt - was dann noch weiter auf das Vertrauen drücken wird. Seit November hatten alle Einkommensklassen der US-Bürger weniger Vertrauen in die US-Wirtschaft. Bei Beschäftigten mit einem Einkommen unter $50.000 fiel der Index um 17 Punkte seit November, bei Beschäftigten mit einem Einkommen über $50.000 fiel der Index um 8 Punkte seit dem gleichen Bezugsmonat.

Der Anteil der Bevölkerung, welche um ihren Arbeitsplatz fürchtet, stieg enorm. Noch im November letzten Jahres wurde eine ähnliche Zahl wie im Mai 2000 bei 27% ermittelt. Im Januar 2001 fürchteten bereits 49% der Angestellten um ihren Arbeitsplatz.

Der Rückgang im Wachstum der US-Wirtschaft wurde aber selbstverständlich nicht nur durch psychologische Faktoren bewirkt. Der amerikanische Boom wurde durch zwei Faktoren ermöglicht. Zum einen erhöhten sich die Ausgaben der Konsumenten drastisch, da die Einkommen stiegen. Die höheren Einkommen wurden durch eine Rally an den Aktienmärkten, welche IPOs in hoher Anzahl an den Markt gehen ließ, ermöglicht. Des weiteren boomte das Venture Capital Geschäft, welches den Unternehmen Kapitalmittel in zuvor ungeahnter Höhe bereitstellte. Viele der Unternehmen, welche im letzten Jahr von Venture Capital finanziert und an die Börse gebracht wurden, mussten bis heute Bankrott oder Massenentlassungen bekanntgeben.

Doch scheint es zur Zeit, dass psychologische Faktoren unter der Bevölkerung der USA sehr wichtig erscheint. Was nun mit der US-Wirtschaft geschehen wird, hängt hauptsächlich von vier Fragen ab:

  • Wie stark wird die Arbeitslosigkeit steigen? In den letzten Wochen waren Massenentlassungen im Internet-Bereich zu beobachten. Das Wall Street Journal gibt bekannt, dass Daimler Chrysler 6000 der 30.000 Angestellten im Verwaltungsbereich und 10.000 bis 15.000 der Angestellten in den Fabriken entlassen werde. Montgomery Ward, eine große US-Einzelhandelskette, musste Bankrott anmelden, als Folge wurden 28.000 Angestellte arbeitslos. Der Nachrichtensender CNN entlässt 400 Mitarbeiter. Auch große Unternehmen wie Commerce One, Lucent Technologies und Nortel Networks haben bereits Mitarbeiter nach Hause geschickt
  • Wie stark wird die Fed die Zinsen senken? Wie stark wird die Wirtschaft auf diese Zinsschritte reagieren? Die Fed hat Anfang des Jahres in einem überraschenden Schritt den Leitzins von 6.5% auf 6% gesenkt, und viele Ökonomen erwarten eine weitere Zinssenkung um 50 Basispunkte auf 5.5% am 31. Januar. Auch Alan Greenspan sprach sich für einen Zinsschritt aus, obwohl er noch nicht die Höhe der Senkung des Leitzinses bekanntgab. Der Vorstand der Fed sieht das Wirtschaftswachstum der USA gegen Null tendieren und warnte gestern in einer schriftlichen Erklärung die US-Regierung. Akademische Studien belegen, dass es ein Jahr bis 18 Monat dauern könnte, bis sich die Wirkungen der Zinssenkung voll auswirken würden. Und auch hier kann die Psychologie eine gewichtige Rolle spielen. Bruce Kasman von Morgan Guaranty warnt davor, dass ein Zinsschritt keinen Effekt bringen würde, sollte es nicht gleichzeitig gelingen, das Sentiment umzukehren.
  • Wird es eine Steuersenkung geben? Wie stark wird diese ausfallen? Der neu ins Amt berufene Präsident George W. Bush will in 10 Jahren die Steuern auf einen Gesamtbetrag von $1.3 Billionen senken, doch werde sich eine Senkung auf die Wirtschaft erst in 3, 4 oder 5 Jahren auswirken. Die geplante Steuersenkung macht insgesamt $21 Mrd. aus, was nicht einmal 0.2% des Bruttoinlandsproduktes der USA ausmacht. Dies wird warscheinlich einen nur kleinen Effekt haben, doch es ist denkbar, dass die US-Regierung die Pläne zur Steuersenkung beschleunigen wird.
  • Werden die Aktienkurse weiter fallen? Große Unternehmen haben Gewinn- und Umsatzwarnungen ausgegeben. Für einige Sektoren in der Industrie seien die Schätzungen so stark nach unten revidiert worden, dass es schon fast erschreckend sei, so Joseph Kalinowski von First Call/ Thomson Financial. Zwischen Dezember und Januar wurden die Wachstumsschätzungen für Unternehmen im Sektor langlebige Güter (Automobile etc.) von -6.4% auf -22% revidiert, im Technology-Sektor setzte man die Schätzungen von einem Wachstum von 27.7% auf 14.3% herab.

Zur Zeit des Booms baute sich der Optimismus von selbst auf. Die Amerikaner vertrauten in die US-Wirtschaft und steigerten ihre Ausgaben, was auch den Aktienkursen zu gute kam. Die große Gefahr ist nun, dass dieser Prozess in die gegengesetzte Richtung verlaufen könnte. Pessimismus könnte sich selbst weiter verstärken, was die US-Bürger zu weniger Ausgaben ermuntern würde, was negativ für den Aktienmarkt wäre.

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