Kommentar
19:12 Uhr, 01.02.2006

Rohöl: OPEC hält Förderquoten konstant

1. Die OPEC hat auf ihrem gestrigen Treffen in Wien die Förderquoten wie erwartet auf dem Niveau von 28 Millionen Barrels pro Tag (mbd) belassen. Der Iran und Venezuela konnten sich mit ihrer Forderung nach einer Quotensenkung nicht durchsetzen. Laut Einschätzung der OPEC ist der Ölmarkt aktuell gut versorgt und die Lagerbestände befinden sich auf einem gesunden Niveau. Die anhaltend hohen Lagerbestände ließen sich ihrer Einschätzung zufolge auf Engpässe im Downstream-Bereich und andere nichtfundamentale Faktoren zurückführen. Zudem bemerkte sie in ihrem Statement, dass die Angebots- und Nachfrageprognosen in den vergangenen Jahren stets dazu tendierten, den Bedarf an Rohöl aus den Quellen der OPEC-Mitgliedstaaten zu unterschätzen, vor allem im zweiten Quartal. Dieser recht treffenden Einschätzung der Situation am Ölmarkt ist wenig hinzuzufügen. Der explizite Hinweis auf die meist unterschätzte Nachfrage im zweiten Quartal dürfte wohl darauf hindeuten, dass die OPEC auch auf ihrem nächsten Treffen an ihrer aktuellen Förderpolitik festhalten wird, sollte es bis dahin nicht zu einem deutlichen Preisrückgang kommen. Durch den Aufstieg Chinas und Indiens in die Liga der Großkonsumenten am Ölmarkt fiel der saisonal bedingte Nachfragerückgang im zweiten Quartal in den vergangenen Jahren tatsächlich deutlich moderater aus als in der Vergangenheit. Das nächste OPEC-Treffen wurde für den 8. März in Wien festgesetzt.

2. Auch wenn die OPEC mit ihrer Einschätzung, der Ölmarkt wäre aktuell gut versorgt, vollkommen richtig liegt, so ist dies für die tatsächliche Preisentwicklung kaum von Bedeutung. Der Markt wird schon lange nicht mehr von der aktuellen Lage, sondern mehr als je zuvor von den Erwartungen über die zukünftige Entwicklung von Angebot und Nachfrage dominiert. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat dieser Blick in die Zukunft stets gezeigt, dass jegliche Nachfrageanstiege oder sogar Produktionsausfälle ohne weiteres durch das Anzapfen bereits vorhandener freier Kapazitäten befriedigt werden können. Dementsprechend stabil stellte sich die Preisentwicklung dar. Ein derart gelassener Blick in die Zukunft ist heute allerdings nicht mehr möglich. In den vergangenen Jahren sind die freien Kapazitäten weltweit dahin geschmolzen. Die Tatsache, dass sich das Wachstum des Nicht-OPEC-Angebots im vergangenen Jahr gerade einmal auf eine schwarze Null belief, obwohl noch vor einem Jahr ein Plus von 1,3 mbd vorhergesagt worden war, stimmt auch für das laufenden Jahr nicht sehr optimistisch, was die Angebotsentwicklung betrifft. Gleichzeitig steigt die Nachfrage aber ungemindert weiter. Die Preisentwicklung wird daher auch im laufenden Jahr von der Unsicherheit darüber bestimmt werden, wie die zusätzliche Nachfrage befriedigt werden soll. Denn einer steigenden Nachfrage steht ein mehr oder weniger starres Angebot gegenüber. Dies allein wird auch im laufenden Jahr für tendenziell steigende Preise sorgen.

3. Hinzu kommen allerdings noch Sonderfaktoren, die in Kombination mit diesem ohnehin ausgesprochen angespannten Umfeld noch einmal zusätzlich für kräftige Preisausschläge sorgen. Aktuell ist es der Atomstreit mit dem Iran, der den Ölmarkt in Atem hält. Zwar hat der iranische Ölminister Kazem Vaziri gestern versichert, dass man klar zwischen Öl und Politik trennt und die Ölexporte nicht stoppen wird. Dennoch konnte dies die Märkte nicht beruhigen. Schon allein die entfernte Möglichkeit eines Lieferstopps reicht aus, um die Marktteilnehmer nervös zu machen und die Ölpreise nach oben zu treiben. Selbst wenn es im Atomstreit mit dem Iran zumindest zu einer kurzzeitigen Entspannung kommen sollte, so wird es auch in den nächsten Monaten immer wieder andere Sonderfaktoren geben (Hurrikans, Anschläge, …), die für Unsicherheit am Ölmarkt sorgen und dementsprechend starke Preisausschläge verursachen werden. An dieser Situation wird sich so lange nichts ändern, wie weltweit kaum noch freie Kapazitäten vorhanden sind. Da in den nächsten Jahren eher von einer weiteren Verknappung der freien Kapazitäten und weniger von einem Aufbau freier Kapazitäten auszugehen ist, dürften daher auf Sicht der nächsten Jahre weiter steigende Ölpreise an der Tagesordnung sein. Zudem sollte es auch keinen Mangel an Sonderfaktoren geben, die für vorübergehende Überreaktionen sorgen werden.

4. Währenddessen setzt sich der Aufbau der Öllagerbestände ungemindert fort. Laut den heute veröffentlichten Daten stiegen die Rohöllagerbestände in der Vorwoche um 1,9 Mio. Barrels. Erwartet wurde lediglich ein Plus von 1,0 Mio. Barrels. Am stärksten fiel das Plus bei den Benzinlagerbeständen aus, welche im Vergleich zur Vorwoche um 4,3 Mio. Barrels zulegen konnten (Bloomberg-Median: 1,5 Mio. Barrels). Lediglich bei den Diesel- und Heizöllagerbeständen war ein leichter Rückgang von 198.000 Barrels zu verzeichnen (Bloomberg-Median: +900.000 Barrels). Die Kapazitätsauslastung stieg um 0,78 Prozentpunkte, sie befindet sich aber mit 87 % weiterhin auf einem niedrigen Niveau.

Die Ölpreisentwicklung zeigte sich vergleichsweise unbeeindruckt von den guten Daten. Zumindest für den Moment ist die Lagerbestandsentwicklung kaum von Bedeutung für die Ölpreisentwicklung. Zwar kann es immer wieder Phasen geben, in denen die Marktteilnehmer wieder einmal den Schalter umlegen und die Geschichte "Nachfrageschwäche aufgrund hoher Preise" spielen. In diesen Phasen stoßen dann meist auch gute Lagerbestandsdaten auf größeres Interesse und lösen oft deutliche Preisrückgänge aus. Dies ist derzeit nicht der Fall. Aktuell werden die Lagerbestände lediglich zur Kenntnis genommen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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