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16:12 Uhr, 27.08.2024

Merz will mit Scholz bei Asylgesetzen kooperieren - sieht nationale Notlage

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - CDU-Chef Friedrich Merz will wegen der illegalen Migration eine "nationale Notlage" in Deutschland ausrufen. Er bot Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an, dass die Union gemeinsam mit der SPD im Bundestag rasche Gesetzesänderungen bei Migrationsthemen beschließt. "So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben", so Merz. Es dürfe keine gesetzlichen Tabus geben.

"Dem Bundeskanzler entgleitet mittlerweile das eigene Land. Er verliert das Vertrauen", sagte er nach seinem Gespräch mit Scholz über Konsequenzen aus dem Anschlag in Solingen, bei dem mutmaßlich ein syrischer Tatverdächtige, der hätte abgeschoben werden sollen, drei Menschen mit einem Messer getötet hat. Scholz hat laut Unionsfraktionschef Merz seinen Vorschlägen nicht unmittelbar zugestimmt.

Konkret schlug Merz vor, dass die Union und Scholz je eine Person beauftragen sollten, um mögliche Gesetzesänderungen zu besprechen. Diese sollten bereits im September im Bundestag beraten werden, wobei ein halber Tag dazu von aus der vorgesehenen Haushaltswoche reserviert werden sollen. Für die Union schlug Merz den Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei vor.

Abstimmung von Union und SPD notfalls ohne Grüne und FDP

Scholz sollte bei geplanten Gesetzesänderungen von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch machen. Im Bundestag könnte die SPD mit Stimmen aus der Union eine Mehrheit für solche gesetzlichen Vorhaben bekommen, wenn die Grünen oder die FDP Vorbehalte hätten, so Merz.

Der CDU-Politiker forderte etwa, dass das Aufenthaltsrecht so geändert wird, dass es dort wieder um "Begrenzung" und nicht nur um "Steuerung" gehen müsse. "Wir können im Augenblick nicht noch mehr aufnehmen", so Merz. Gleichzeitig sieht Merz auch die Rolle der Union, die sie bei dem Anstieg der illegalen Migration gespielt hat.

"Wir sind an der Lage nicht unschuldig", sagte Merz und spielte damit auf die Rolle der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Jetzt habe man eine solche Verschärfung der Lage, dass es zu grundsätzlichen Änderungen bei der Migrationspolitik kommen müsse. Die Union wolle das Problem notfalls auch mit der Regierung lösen.

Nationales Recht über EU-Recht

Weiterhin will Merz durchsetzen, dass die Dublin-Regelungen im Asylrecht gelten. Danach müssten Asylbewerber im ersten Land der Ankunft in der Europäischen Union ihren Antrag stellen. Wer daher aus einem sicheren Drittland komme, dürfe nicht nach Deutschland einreisen. Hier müsse dann nationales Recht über EU-Recht stehen. Notfalls müsse eine "nationale Notlage" ausgerufen werden, so Merz.

Der CDU-Politiker forderte außerdem, dass Polizisten nicht länger Quittungen ausstellen müssten bei Kontrollen von Migranten, gegen welche diese dann notfalls klagen könnten. Anlasslose Kontrollen müssten möglich sein und Personen in Abschiebegewahrsam genommen und IP-Adressen zur Strafverfolgung genommen werden können, wie Merz erklärte.

Merz hatte unmittelbar nach dem Anschlag in Solingen einen Kurswechsel in der Migrationspolitik und einen Aufnahmestopp gegen Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien gefordert.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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