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11:57 Uhr, 01.06.2023

Lagarde: EZB muss Geldpolitik noch erheblich straffen

Von Hans Bentzien

HANNOVER (Dow Jones) - Die Europäische Zentralbank (EZB) muss ihre Zinsen nach Aussage von EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch mehr als einmal erhöhen. Lagarde sagte beim Deutschen Sparkassentag in Hannover laut veröffentlichtem Redetext: "Wir wissen, dass - trotz unserer starken und raschen Zinserhöhungen - noch eine erhebliche Straffung der Geldpolitik ansteht." Es bleibe noch einiges zu tun, um die Zinssätze auf ein ausreichend restriktives Niveau zu bringen. Lagarde zufolge ist die Inflation zu hoch "und dürfte es noch zu lange bleiben". "Wir sind entschlossen, sie zeitnah auf unser mittelfristiges Ziel von 2 Prozent zurückzuführen", sagte sie.

Laut den Projektionen des volkswirtschaftlichen Stabs der EZB vom März wird die Inflation erst Mitte 2025 den Zielwert von glatt 2 Prozent erreichen. "Daher müssen wir unseren Erhöhungszyklus fortsetzen, bis wir genug Zuversicht haben, dass sich die Inflation auf einem guten Weg befindet, zeitnah auf unseren Zielwert zurückzukehren", sagte sie. Im Juni werden neue Projektionen veröffentlicht.

Im Mai ist die Inflationsrate auf 6,1 (April: 7,0) Prozent zurückgegangen und die Kerninflationsrate auf 5,3 (5,6) Prozent. Beide Rückgänge waren stärker als erwartet. Lagarde zufolge gibt es aber keinen eindeutigen Beleg dafür, dass die zugrunde liegende Inflation ihren Höchststand bereits erreicht hat. "Bis heute sind alle von der EZB beobachteten Messgrößen nach wie vor hoch. Ob dies weiterhin so bleibt, hängt in erster Linie vom Gleichgewicht zwischen zwei Kräften ab: Energiepreisen und Löhnen", sagte sie.

Zugleich will die EZB nach Aussage ihrer Präsidentin die Stärke der geldpolitischen Transmission auf die Finanzierungsbedingungen, die Wirtschaft und die Inflation sorgfältig prüfen. Bisher wirkten die Zinserhöhungen bereits stark auf die Kreditvergabebedingungen der Banken durch - und zwar sogar stärker als in früheren Straffungszyklen, wie sie sagte.

Die EZB weiß Lagarde zufolge aber auch, dass sich die Zinserhöhungen noch nicht vollständig in den Finanzierungsbedingungen niedergeschlagen haben. Sie fügte hinzu: "Gleichzeitig besteht auch Unsicherheit darüber, wie sich die verschärften Finanzierungsbedingungen auf die Wirtschaft auswirken und ob die Auswirkungen stärker oder schwächer ausfallen als in der Vergangenheit."

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.comn

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