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11:09 Uhr, 25.02.2013

Konjunktur: BA-Chef Weise legt die rosarote Brille ab

Nürnberg (BoerseGo.de) - Dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, gehen die jüngsten optimistischen Konjunkturprognosen für die deutsche Wirtschaft zu weit. „Ich stimme den Beurteilungen nicht ganz zu“, sagte Weise im Gespräch im der „Deutschen Verkehrs-Zeitung“. Die Lage sei sehr unsicher. „Wir sind im Auge des Hurrikans, nicht am Rande einer ruhigen Zone.“ Die eigentlichen Ursachen der Wirtschafts- und Finanzkrise wie die hohe Staatsverschuldung seien weiter nicht behoben. „Sie werden nur mit Geld zugedeckt“, sagte Weise mit Blick auf die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).

Zuletzt hat der wichtigste deutsche Konjunkturbarometer, der Ifo-Geschäftsklimaindex, einen Satz nach oben gemacht, der Markit-Einkaufsmanagerindex konnte sich auf einem hohen Niveau zumindest stabilisieren. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagte am Freitag, die deutsche Wirtschaft nehme an Fahrt auf, vor allem in der Industrie und in der Bauwirtschaft füllten sich die Auftragsbücher.

Zugleich wollte Weise keine Entwarnung für den deutschen Arbeitsmarkt geben. Der BA-Chef geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr um die drei Millionen schwanken wird. Er warnte die Unternehmen auch davor, die Folgen des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung zu unterschätzen. Dies könnte sich negativ auf Investitionsentscheidungen durchschlagen, so Weise. Wenn Firmen zu dem Schluss kämen, sie könnten in Deutschland nicht mehr in ausreichender Zahl benötigte Arbeitskräfte bekommen, investierten sie in anderen Staaten

Weise rät der Wirtschaft daher unter anderem, stärker Fachleute aus dem Ausland anzuwerben. „Es ist belegbar, berechenbar und eindeutig, dass wir zwischen heute und dem Jahr 2025 eine konventionell nicht zu deckende Lücke an Arbeitskräften haben werden", betonte der BA-Chef. „Selbst wenn man alle Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung berücksichtigt, ist die Zahl der Menschen im Berufsleben so gering, dass die Wirtschaft damit nicht auskommen wird.“ Konservativ geschätzt werde die Lücke um die drei Millionen betragen.

Der Arbeitsmarktexperte sagte zudem zur Frage nach schärferen Vorgaben für die Zeitarbeit, wenn das Gefühl für Anstand, Ethik und Moral verloren gehe, brauche man unglaublich viele neue Regeln. „Genau auf diesem Weg sind wir. Aber so lösen wir die Probleme nicht, denn die nächste Regelung wird dann wieder unterlaufen.“ Besser sei es, auf gute Unternehmensführung zu setzen. Zuletzt war der Zeitarbeiter-Einsatz beim Online-Händler Amazon massiv in die öffentliche Kritik geraten.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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