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10:50 Uhr, 22.06.2004

K: Kleine Zinserhöhung der Fed erwartet

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Externe Quelle: Bankgesellschaft Berlin

Kleine Zinserhöhung der Fed erwartet

Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der anstehenden Zinserhöhung in den USA. Während zunächst ein kleiner Zinsschritt am 30. Juni durch die Fed von den Märkten eingepreist schien, dämpften vorübergehend Ängste vor einem großen Schritt die Stimmung der Börsianer. Die Makrodaten der vergangenen Woche bestätigen aber unserer Einschätzung, dass es Ende Juni zu einer kleinen Leitzinserhöhung kommt. Weitere Zinsschritte erwarten wir im August und - nach den Präsidentschaftswahlen - im November.

Die Zinswende am 30. Juni in den USA gilt an den Märkten als beschlossene Sache. Entscheidend ist aber nicht mehr ob, sondern in welchem Tempo die US-Leitzinsen angehoben werden. 25 oder 50 Basispunkte - diese Frage prägte die vergangene Woche. Während zunächst die meisten Marktteilnehmer nur von einem kleinen Zinsschritt ausgingen, war zwischenzeitlich die Zahl derer deutlich gestiegen, die zu Beginn des Zinserhöhungszyklus einen großen Schritt sahen. Schuld daran waren Aussagen von Fed-Mitgliedern, dass die Fed notfalls auf unvorhergesehene Preissteigerungen stärker reagieren werde.

Eine gewisse Entwarnung gaben die Verbraucherpreisdaten für den Monat Mai am Dienstag. Zwar hat sich die jährliche Inflationsrate von 2.3% im April auf 3.1% im Mai deutlich erhöht. Dies war vor allem auf die gestiegenen Energiepreise (+15%) zurückzuführen. Die um die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Kernrate - auf die die Fed besonders achtet - blieb aber mit 1.7% unverändert. Im Monatsvergleich verlangsamte sich der Preisauftrieb bei der Kernrate sogar von 0.3% auf 0.2%. Dagegen haben die höher als erwarteten Erzeugerpreise vom Donnerstag die Zinsängste wieder aufleben lassen.

Auch aus der Fed gab es in der letzten Woche widersprüchliche Signale. Die Äußerungen von Notenbankchef Greenspan anlässlich seiner erneuten Nominierung sorgten für eine Entspannung an der Zinsfront. Die Rendite am US-Rentenmarkt, die zuvor sprunghaft gestiegen war, hat sich daraufhin wieder spürbar verringert. Greenspan betonte am Dienstag, die Inflationsaussichten seien nach wie vor günstig und damit eine maßvolle Straffung der Geldpolitik möglich. Dagegen sorgte der Präsident der Notenbank von Atlanta mit seiner Einschätzung für Spekulationen, der derzeitige Leitzins sei mehrere hundert Basispunkte unter dem, was man als neutral ansehen könne.

Trotz der widersprüchlichen Informationen bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass die Fed am 30. Juni zunächst nur einen kleinen Zinsschritt beschließt. Dafür sprechen vor allem die jüngsten Verbraucherpreisdaten und die Einschätzung von Greenspan, die wir stärker gewichten als die Äußerungen anderer Fed-Mitglieder.

Weitere Zinsschritte im Verlauf dieses Jahres sind programmiert. Die positiven Konjunkturdaten der vergangenen Woche bestätigen, dass sich die US-Wirtschaft in einem kräftigen Aufschwung befindet. So ist beispielsweise das Verbrauchervertrauen der University of Michigan deutlich von 90.2 auf 95.2 Punkte gestiegen und die Industrieproduktion wies mit 1.1% das höchste Wachstum im Vormonatsvergleich seit sechs Jahren auf. Wir rechnen für das laufende Jahr mit einem Wachstum des BIP in den Vereinigten Staaten von preisbereinigt 4.6%.

In diesem Umfeld ist für die kommenden Monate ein weiterer Anstieg der Kerninflationsrate nicht auszuschließen. Sollten sich die derzeitigen Inflationsprognosen als falsch herausstellen, wird die US-Notenbank schneller und kräftiger eingreifen, um das Ziel der Preisstabilität zu sichern. Die Zinsdiskussion dürfte andauern, so dass den Preisdaten auch in den nächsten Monaten große Beachtung geschenkt wird.

Bis zum Jahresende finden noch fünf reguläre Sitzungen des Federal Open Market Committee statt. Unter der Annahme, dass es nicht zu einer unvorhergesehenen Beschleunigung der Kerninflationsrate kommt, sehen wir bis Jahresende eine moderate Anhebung des Leitzinses um insgesamt 75 Bp. auf 1.75%. Aus heutiger Sicht halten wir jeweils kleine Zinsschritte Ende Juni, im August und im November für am wahrscheinlichsten. Hinsichtlich des Timings könnten hierbei auch die US-Präsidentschaftswahlen eine Rolle spielen.

Gelegentlich wurde argumentiert, die US-Präsidentschaftswahlen am 2. November würden grundsätzlich gegen eine Zinserhöhung sprechen. Die historische Erfahrung zeigt aber, dass der Wahltermin die Fed nicht von einer Zinsänderung abhält. In drei der letzten vier Präsidentschafts-Wahljahren kam es im Vorfeld der Wahlen zu Zinsänderungen.

Im Wahljahr 2000, in dem sich George W. Bush nur mit sehr knapper Mehrheit gegen den Demokraten Al Gore durchsetzte, erhöhte die Fed im Vorfeld die Leitzinsen. Zur letzten Zinserhöhung im damaligen Zyklus kam es am 16. Mai 2000, also etwa ein halbes Jahr vor der Wahl (7. November). Die Fed Funds Rate wurde von 6.0% auf 6.5% angehoben.

Das Wahljahr 1992, in dem Bill Clinton gegen George Bush Senior gewann, fiel in eine Zinssenkungsphase. Der US-Leitzins wurde im April um 25 Bp, im Juli um 50 Bp. und schließlich Anfang September - zwei Monate vor der Wahl - nochmals um 25 Bp. auf 3.0% verringert.

Für besonders interessant halten wir den Vergleich mit 1988. In diesem Wahljahr, als George Bush Senior gegen den Demokraten Dukakis antrat, befanden sich die USA im Zinserhöhungszyklus. Den ersten Zinsschritt tätigte die Fed Ende März (+25 Bp. auf 6.75%). Weitere kleinere Erhöhungen folgten im Mai (zweimal je +25 Bp.), im Juni (25 Bp.) und im Juli (+20 Bp.). Zu einer letzten Anhebung vor den Wahlen kam es am 8. August - allerdings handelte es sich hier nur um einen marginalen Schritt (+5 Bp.). Die Fed hielt den Leitzins dann bis kurz nach dem Wahltermin am 8. November bei 7.75%.

Kaum war die Wahl vorbei, beschleunigte die Fed aber das Tempo. Der nächste Zinsschritt am 17. November fiel mit 56 Bp. (auf 8.3%) groß aus. Es folgten weitere Zinserhöhungen, die die Fed Funds Rate bis Mitte 1989 auf 9.8% anhoben. Die Kerninflationsrate war im Verlauf des Jahres 1988 moderat von 4.3% (Januar) auf 4.6% (Dezember) gestiegen.

Auch im aktuellen Zinserhöhungszyklus wird die Präsidentschaftswahl die Fed nicht von Zinserhöhungen abhalten, vermutlich aber ein vorsichtiges Vorgehen begünstigen. Dazu passt ein kleiner Zinsschritt Ende Juni und das Nachlegen durch eine weitere Erhöhung um 25 Bp. am 10. August. Sofern es nicht zu einer spürbaren Beschleunigung des Preisauftriebs kommt, sollte die US-Notenbank - ähnlich wie im Jahr 1988 - bis zur Wahl Anfang November dann abstinent bleiben. Ein abschließender Zinsschritt in 2004 könnte am 10. November erfolgen. Hier ist je nach Preisentwicklung auch ein großer Zinsschritt nicht auszuschließen.

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