Italien: "Marktteilnehmer sollten in „Habachtstellung“ bleiben"
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Rom/ Berlin (BoerseGo.de) - Nach der Parlamentswahl in Italien droht dem Land eine politische Blockade. Der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani kann mit knapper Mehrheit im Abgeordnetenhaus zwar die Regierung stellen. Im Senat, das jedes Gesetz billigen muss, hat aber kein Lager die nötige Mehrheit.
Die verzwickte politische Lage hat zu spürbaren Auswirkungen an den Kapitalmärkten geführt. Die Zinsaufschläge Italiens schossen am Vormittag in die Höhe. Bei einer Versteigerung staatlicher Schuldtitel mit einer Laufzeit von einem halben Jahr stieg die zu zahlende Rendite auf 1,237Prozent, wie die italienische Notenbank am Dienstag in Rom mitteilte. Bei der letzten vergleichbaren Auktion lag der Aufschlag ein halbes Prozent niedriger bei 0,731 Prozent. Das anvisierte Ziel, 8,75 Milliarden Euro einzusammeln, wurde allerdings erreicht. Die Nachfrage war leicht rückläufig.
Auch der Euro rutschte nach den kräftigen Verlusten vom Vortag weiter ins Minus. Zuletzt stand die Gemeinschaftswährung bei 1,3080 US-Dollar. „Die italienischen Wahlen haben eines der ungünstigsten möglichen Ergebnisse hervorgebracht“, kommentierten die Experten der Commerzbank. Die Marktteilnehmer sollten in „Habachtstellung“ bleiben.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hat vor einer Rückkehr der Eurokrise gewarnt. Die Pattsituation im Senat erfordere Gesprächsbereitschaft der Parteien, um das Land weiter regieren zu können, sagte Schulz im Gespräch mit dem Deutschlandfunk am Dienstag. „Wenn das nicht der Fall ist, dann droht ganz sicher erneut eine Phase der Unsicherheit, die wir ja gerade einigermaßen überwunden hatten.“ Schulz sieht im Ergebnis der Wahl aber auch eine große Skepsis gegenüber der einseitigen Sparpolitik Italiens und der EU. „Die Politik, dass nur gekürzt wird, Haushalte zusammengestrichen werden mit dem Argument, man muss nur sparen, dann stellt sich der Erfolg von selbst ein, diese Politik ist einfach nicht richtig“, sagte Schulz. „Wir brauchen eine Kombination aus nachhaltiger Haushaltsdisziplin und Investitionspolitik, die Arbeit schafft, gleichzeitig“, so der SPD-Politiker.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat Italien aufgefordert, am Reformkurs festzuhalten. „Ich hätte mir ein besseres Abschneiden der Reformkräfte in Italien vorstellen können. Zum bisher eingeschlagenen Kurs struktureller Reformen gibt es allerdings keine Alternative", sagte Rösler in Berlin. Italien sollte seinen Haushalt sanieren und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
Der Spitzenkandidat der zweitstärksten Kraft, Silvio Berlusconi, kann sich grundsätzlich eine Zusammenarbeit mit dem Mitte-Links-Bündnis von Bersani vorstellen. „Italien darf nicht unregiert bleiben“, sagte Berlusconi laut Reuters in einem Fernsehinterview. „Wir müssen nachdenken.“ Eine Koalition mit dem Zentrumsbündnis des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti schloss Berlusconi hingegen kategorisch aus. Das schlechte Abschneiden von Monti zeige, dass ein Großteil der Wähler mit dem Sparkurs nicht einverstanden sei, so der Politiker. Neuwahlen lehnte Berlsuconi aber strikt ab. Bersani äußerte sich bisher nicht zu Koalitionsoptionen. Der Chef des Mitte-Links-Bündnis will gegen 17 Uhr am heutigen Nachmittag eine Pressekonferenz abhalten.
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