Kommentar
11:58 Uhr, 22.11.2012

Irgendwo fehlt das Geld immer…

Es ist schon eine Farce. Weil dem Pleitekandidaten Griechenland die Zinsen gesenkt werden sollen, damit das Krisenland seine Schulden weiter bedienen kann, geraten Spanien und Italien zusätzlich in Bedrängnis. Und weil diese Staaten selbst ein Schuldenproblem haben, soll Deutschland einspringen. Aber der Reihe nach….

Griechenland braucht mehr Zeit und wahrscheinlich auch mehr Geld. Noch wird zwar debattiert, woher die zusätzlichen Milliarden kommen sollen und wie die langfristige Schuldentragfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Die wahrscheinlichste Lösung ist laut Finanzminister Wolfgang Schäuble ein Anleihenrückkauf im Umfang von zehn Milliarden Euro, wodurch die Gesamtverschuldung Griechenlands um 20 bis 30 Milliarden Euro gesenkt werden könnte, weil die griechischen Anleihen deutlich unter Nennwert gehandelt werden. Zumindest als ein Teil der Lösung zeichnet sich aber auch ab, dass die Zinsen, die Griechenland auf seine Hilfsgelder zahlen muss, deutlich gesenkt werden. Im Gespräch ist ein absurd niedriger Zinssatz von 0,9 Prozent, wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) berichtet.

Die Zinssenkungen betreffen vor allem die Kredite aus dem ersten Griechenland-Hilfspaket, weil beim zweiten bereits niedrigere Zinsen vereinbart wurden. Das erste Griechenland-Paket wurde noch ohne die Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM abgewickelt, was sich jetzt zum Problem entwickelt. Das Hilfspaket umfasste insgesamt 30 Milliarden Euro vom IWF und 79 Milliarden Euro von den Staaten der Eurozone. Das Geld, das die Euro-Staaten an Griechenland in Form bilateraler Kredite ausgezahlt haben, mussten sie selbst an den Märkten aufnehmen. Genau hier liegt das Problem begraben.

Zahlt Griechenland nun niedrigere Zinsen auf seine Schulden, entwickelt sie die Griechenland-Hilfe für die Gläubiger (die anderen Euro-Staaten) zum Verlustgeschäft. Denn diese haben sich das Geld teilweise zu deutlich höheren Zinsen an den Märkten beschafft oder müssen es sich fortlaufend beschaffen, wenn sie ihre alten Anleihen durch neue ersetzen. Da Deutschland derzeit für (neu aufgenommene) zehnjährige Schulden selbst nur ungefähr 1,4 Prozent Zinsen zahlen muss, wäre es für die Bundesrepublik noch ein recht überschaubares Verlustgeschäft. Anders sieht es hingegen für die Krisenländer Italien und Spanien aus. Die Renditen der zehnjährigen Anleihen dieser Länder notierten aktuell bei 4,8% bzw. 5,6% und befanden sich zum Zeitpunkt, als das Geld für die Griechenland-Hilfe aufgenommen wurde, ebenfalls auf einem hohen Niveau. Die Differenz zwischen diesen Zinsen und den 0,9%, die Griechenland noch zahlen soll, wären von Italien und Spanien eigentlich als Verlust zu verbuchen. Allerdings gibt es eine Vereinbarung der Euro-Geldgeber aus dem Jahr 2010, wonach einzelne Geldgeber nicht höhere Verluste machen sollen als andere.

Laut FTD soll Deutschland den beiden südeuropäischen Euro-Partnern nun unter die Arme greifen, damit die Zinsen für Griechenland gesenkt werden können. Dieser eigentlich ziemlich absurde Vorschlag zeigt einmal mehr, auf welch wackligen Beinen die gesamte Euro-Rettung steht. Denn auch die Euro-Retter sitzen keineswegs auf Geldbergen, sondern sind selbst hoch verschuldet. Spätestens wenn auch Italien, Spanien und Frankreich sich nicht mehr an den Märkten finanzieren können, droht ein Kollaps der gesamten Hilfskonstruktion.

Oliver Baron

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Über den Experten

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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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