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12:41 Uhr, 02.12.2025

Großbritannien lockert Eigenkapitalregeln für Banken

Von Joe Wallace

DOW JONES--Die Bank of England (BoE) hat mitgeteilt, dass britische Banken künftig weniger Kapital vorhalten müssen. Die Benchmark-Quote für Kapital zu risikogewichteten Aktiva werde von 14 Prozent auf 13 Prozent sinken. Damit schließt sich Großbritannien den USA an, die einige nach der globalen Finanzkrise eingeführte Maßnahmen zurücknehmen.

Ähnlich wie die Federal Reserve reguliert die BoE sowohl Banken als auch die Zinssätze. Zu den von ihr beaufsichtigten Bankhäusern gehören große internationale Akteure wie HSBC und Barclays, deren Aktien daraufhin in London gestiegen sind.

Britische Banken halten im Durchschnitt Kapital in Höhe von etwa 17 Prozent der risikogewichteten Aktiva. Es ist das erste Mal seit der Finanzkrise, dass die BoE die Eigenkapitalanforderungen senkt. Die Zentralbank erwartet, dass die Institute dadurch mehr Kredite an Unternehmen und Haushalte vergeben können. Die Änderungen könnten es den Banken auch ermöglichen, mehr Geld an die Aktionäre zurückzugeben.

Die Senkung wird ab Anfang 2027 vollständig in Kraft treten. Dem vorausgegangen ist eine monatelange Lobbyarbeit der Banken, nachdem die BoE eine Überprüfung angekündigt hatte.

Nach Aussage der BoE sind Vergleiche mit den Kapitalvorschriften in anderen Märkten aufgrund von Unterschieden bei der Berechnung der Vermögenswerte schwierig. Die britischen Vorschriften schienen jedoch weniger streng als die in den USA und entsprächen den europäischen Standards.

Der Kontext

Bankkapital dient als Puffer gegen Verluste. Nachdem die Krise von 2007 bis 2009 die Weltwirtschaft erschüttert hatte, zielten internationale Bemühungen zur Stützung der Branche darauf ab, dass Banken künftig mehr Kapital vorhalten müssen. Doch nun hat das Pendel begonnen, wieder in Richtung Wachstumsförderung auszuschlagen.

In den USA hat die Fed diesen Sommer einen Schritt zur Lockerung einer wichtigen Beschränkung unternommen. Dabei handelt es sich um die sogenannte zusätzliche ungewichtete Eigenkapitalquote (supplementary leverage ratio), die vorschreibt, wie viel Kapital Großbanken im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme halten müssen.

In Großbritannien haben aufeinanderfolgende Regierungen die Zentralbank und andere Regulierungsbehörden unter Druck gesetzt, mehr für die Ankurbelung des Wachstums zu tun. Die britische Wirtschaft kommt nur schwer in Gang, seit die Krise vor fast zwei Jahrzehnten den riesigen Finanzsektor des Landes schwer getroffen hat.

In den vergangenen Jahren hat die BoE eine Obergrenze für Banker-Boni abgeschafft, die eingeführt wurde, als Großbritannien noch in der Europäischen Union war. Zudem hat sie ermöglicht, dass Kreditgeber Boni schneller an leitende Angestellte auszahlen können.

Wie geht es weiter

Die Kapitalvorschriften in Großbritannien legen eine Reihe von Mindestquoten fest, die Banken für den Betrieb einhalten müssen. Hinzu kommen Puffer, die in schlechten Zeiten Verluste auffangen sollen, damit die Banken weiterhin Geld in die Wirtschaft pumpen können. Als Zeichen für weitere bevorstehende Änderungen kündigte die BoE an, sie werde prüfen, wie man den Banken die Zuversicht geben könne, diese Puffer auch zu nutzen. Führungskräfte sagen, diese seien in der Praxis unbrauchbar.

Zudem soll die ungewichtete Eigenkapitalquote (Leverage Ratio) überprüft werden. Diese misst das Kapital im Verhältnis zur Bilanzsumme, ohne einige Kredite als risikoreicher als andere zu gewichten. Im Laufe der Zeit scheint diese Quote die Aktivitäten der Banken zunehmend eingeschränkt zu haben. Die BoE teilte mit, sie werde weitere Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die Quote wie beabsichtigt funktioniere.

Das britische Finanzministerium überprüft unterdessen das sogenannte "Ringfencing". Dies ist ein Eckpfeiler der britischen Reaktion auf die Krise. Es zwingt große Bankhäuser, riskante Investmentbanking-Aktivitäten vom Privatkundengeschäft zu trennen. Banker und Lobbyisten erwarten, dass die Regierung in Zusammenarbeit mit der BoE das "Ringfencing" lockern, aber nicht vollständig abschaffen wird.

Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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