Kommentar
17:06 Uhr, 29.10.2012

Glaubwürdigkeit der Troika steht auf dem Spiel

Griechenland entwickelt sich immer mehr zu einem Fass ohne Boden. Das Land benötigt offenbar zusätzliche 30 Milliarden Euro von seinen internationalen Gläubigern, um im Falle eines zweijährigen Aufschubs der Sparauflagen weiter im Euro gehalten zu werden. Die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF spricht sich dafür aus, dass Griechenland in Form eines weiteren Schuldenschnitts unterstützt wird. Nach den privaten sollen nun auch die öffentlichen Geldgeber auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Der Vorschlag stößt allerdings auf großen Widerstand bei der Bundesregierung und anderen Euro-Ländern. „Man gibt einem Schuldner, bei dem man gerade seine Forderungen nicht bedient bekommt, nicht neues Geld. Wir wären von Gesetzes wegen gehindert, weiteres zu tun“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Deutschlandfunk. Das Haushaltsrecht verbiete einen Schuldenerlass. Eher sei ein Schuldenrückkaufprogramm vorstellbar, so Schäuble. Auch IWF und EZB haben bereits ausgeschlossen, dass sie Griechenland einen Teil der Schulden erlassen werden. Im Falle der EZB müsste ein Schuldenerlass auch als grober Verstoß gegen das Verbot der Staatsfinanzierung eingestuft werden.

Der endgültige Troika-Bericht lässt derweil weiter auf sich warten. Bisher wurde nur ein Zwischenbericht erstellt und an die Euro-Finanzminister weitergeleitet. An dem endgültigen Bericht soll offenbar solange herumgefeilt werden, bis irgendwie noch behauptet werden kann, dass Griechenland seine Sparverpflichtungen eingehalten hat und auch künftig einhalten wird. Inzwischen befürchtet auch Schäuble einen Mangel an Glaubwürdigkeit. „Es muss so vereinbart werden, dass es auch von den Finanzmärkten geglaubt wird“, sagte Schäuble mit Blick auf ein neues Griechenland-Programm dem Deutschlandfunk. „Denn bisher, weil Griechenland noch jedes Mal nicht erfüllen konnte, was es versprochen hat, hat Griechenland einen Mangel an Glaubwürdigkeit. Und ohne Vertrauen wird Griechenland nicht wieder Zugang zu den Finanzmärkten finden können.“

Inzwischen steht allerdings nicht nur die Glaubwürdigkeit Griechenlands, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Troika auf dem Spiel. Der IWF darf eigentlich nur weiteres Geld an Griechenland auszahlen, wenn die Schuldenlast des Landes bis 2020 auf höchstens 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sinkt. Dieses Ziel ist aber in weite Ferne gerückt und dürfte ohne weiteren Schuldenschnitt oder ein Schuldenrückkaufprogramm nicht mehr zu erreichen sein. Die grundsätzliche Entscheidung, dass Griechenland zwei weitere Jahre erhalten soll, um die Sparauflagen einzuhalten, dürfte trotzdem gefallen sein. Diskutiert wird wohl nur noch, ob Griechenland durch einen neuen Schuldenschnitt, ein weiteres milliardenschweres Hilfspaket oder einen Schuldenrückkauf entlastet wird. „Es ist jedenfalls eine außergewöhnlich große Anstrengung für Griechenland selbst, denn sie müssen tiefgreifende Sanierungsmaßnahmen in der Finanzpolitik wie in der Wirtschafts- und Strukturpolitik durchsetzen“, sagte Schäuble.

Wie es mit Griechenland weitergeht, dürfte innerhalb weniger Wochen absehbar sein. Die Veröffentlichung des Troika-Berichts lässt sich nicht auf ewig verschieben. Mitte November geht Griechenland das Geld aus, wenn die nächste Tranche aus dem zweiten Griechenland-Hilfspaket in Höhe von 31,5 Milliarden Euro nicht ausgezahlt wird. Dafür aber ist ein positiver Troika-Bericht notwendig.

Oliver Baron

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