Nachricht
08:00 Uhr, 31.08.2012

"Fiskalische Klippe" bedroht US-Wirtschaft

New York (BoerseGo.de) - Nach Ansicht von James Swanson von MFS Investment Management, werden die US-Präsidentschaftswahlen am 6. November die globale Wirtschaft und den US-Aktienmarkt maßgeblich beeinflussen. Sollte das US-Schuldenproblem weiter ungelöst bleiben, drohe eine neue internationale Wirtschaftskrise.

Mit der kommenden US-Präsidentschaftswahl nehmen die Diskussionen über den möglichen Schaden zu, den die fiskalische Klippe auf die US-Wirtschaft haben könnte. Dahinter stehen Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Höhe von 600 Milliarden US-Dollar. Diese werden am 1. Januar 2013 durchgesetzt, wenn der US-Kongress die Senkungen der Lohnsteuer sowie Steuersenkungen der Bush Administration von 2001 und 2003 nicht verlängert. Ab 2013 sieht der sog. „Budget Control Act“ jährlich 109 Milliarden US-Dollar an Ausgabenkürzungen vor, weil es dem im Jahr 2011 vom Kongress beauftragten "Super-Komitee für die Defizitreduktion" nicht gelungen war, 1,2 Billionen US-Dollar zu sparen.

Die 2011 vom Kongress verabschiedete Schuldenobergrenze ist die juristisch vorgegebene Schwelle. Sollte diese erreicht werden, darf das US-Finanzministerium keine weiteren Staatsanleihen emittieren. Zurzeit steht diese Schuldenobergrenze bei 16,4 Billionen US-Dollar. Diese Schwelle wird wahrscheinlich bereits im ersten Quartal 2013 erreicht. Hebt der Kongress die Schuldenobergrenze nicht an, wird die Regierung keine weiteren Gelder für die Tilgung des Schuldendefizits aufnehmen können. Das wiederum hätte massive Kosteneinsparungen zufolge, die alle Bereiche treffen würde – von der sozialen Sicherheit bis zu den Zuschüssen für die Bundesstaaten.

„Die Folge wäre eine riesige Blockade in der US-Wirtschaft, die zurzeit um 1,6 Prozent pro Jahr wächst. Sollten alle Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen umgesetzt werden, würden wir voraussichtlich ein BIP-Wachstum von minus 3,6 Prozent erleben. Die USA würden unweigerlich in eine Rezession schlittern“, sagt Swanson.

Die politischen Differenzen zwischen Republikanern und Demokraten machen eine Einigung in der Fiskalpolitik vor den Wahlen im November unwahrscheinlich. Die Amerikaner wählen neben dem Präsidenten ein Drittel des Senats und das komplette Repräsentantenhaus. Investoren sollten daher ein Auge auf den Ausgang der Wahlen haben. Wird Barack Obama im Amt bestätigt und gewinnen die Demokraten auch die Mehrheit im Kongress, sind Steuererhöhungen zu erwarten. Der Chief Investment Strategist von MFS geht davon aus, dass die Steuern auf Dividenden und Kapitalgewinne, die zurzeit bei 15 Prozent liegen, ebenfalls erhöht werden – jedoch nicht auf das Niveau wie vor der "Bush Administration". Ebenfalls möglich wäre, dass die Einkommenssteuer wieder erhöht und der "Budget Control Act" aufgehoben wird.

Sollten jedoch die Republikaner die Kontrolle über das Weiße Haus und den Kongress gewinnen, werden die Steuersenkungen über die kommenden Jahre anhalten und der 'Budget Control Act' würde nicht wie ursprünglich geplant umgesetzt. Die Ausgabenkürzungen würden zwar dennoch eintreffen, allerdings verteilt auf mehrere Jahre. Die Wirtschaft würde darunter mit Sicherheit leiden, eine Rezession könnte aber gleichzeitig verhindert werden, so Swanson

Die US-Wirtschaft befindet sich derzeit auf langsamem Wachstumskurs und im mittleren Stadium ihres Marktzyklus. Sollte sich Washington auf keine Lösung einigen, droht eine Rezession und man würde dann den vollen Einfluss der Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen spüren. Dieser Abschwung der US-Wirtschaft könnte negativen Einfluss auf die Wirtschaft in Europa und den Schwellenländern haben und letztlich eine erneute globale Wirtschaftskrise verursachen.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

Mehr Experten