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16:55 Uhr, 01.06.2023

Enria: EU-Banken profitabler dank angepasster Geschäftsmodelle

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones) - Europas Banken sind nach Aussage von EZB-Bankenaufsichtschef Andrea Enria auch deshalb stabiler als früher, weil sie in den vergangenen Jahren ihre Geschäftsmodelle angepasst haben - auch unter dem Druck der Europäischen Zentralbank (EZB). "Die europäischen Banken sind heute stärker und zunehmend profitabel. Dies ist zum Teil den Anstrengungen zu verdanken, die unsere Aufsichtsteams im letzten Jahrzehnt unternommen haben, um die Bilanzen zu stärken und die Geschäftsmodelle nachhaltiger zu machen", sagte Enria bei einer Bankaufsichtskonferenz in Washington laut veröffentlichtem Text.

Das Hauptproblem der Banken vor der Pandemie war Enria zufolge ihre geringe Rentabilität und Bewertungen. "In den vergangenen Jahren haben die Banken jedoch Anstrengungen unternommen, um ihre Geschäftsmodelle neu auszurichten, unter anderem durch Transaktionen, die bestimmte Geschäftsbereiche betrafen - sie kauften dort, wo sie sich spezialisieren und Marktanteile gewinnen konnten, und verkauften dort, wo es ihnen an Größe oder Fachwissen mangelte", sagte Enria.

Enria räumte ein, dass die derzeitige Veränderung des Zinsumfelds die Nettozinserträge, das Rückgrat der Rentabilität der traditionellen Geschäftsmodelle, die im europäischen Bankensektor vorherrschten, steigen lasse. "Infolgedessen rechnen viele Banken jetzt glaubhaft mit einer zweistelligen Eigenkapitalrendite in der nahen Zukunft", sagte der Bankenaufseher. Börsennotierte Großbanken hätten dies mit einer durchschnittlichen Eigenkapitalrendite von 11,2 Prozent im ersten Quartal 2023 sogar schon erreicht und näherten sich damit endlich den Eigenkapitalkosten.

Enria verwies zudem auf eine bessere Eigenkapitalausstattung und zog einen Vergleich mit den US-Banken. Die durchschnittliche CET1-Kapitalquote von Euroraum-Großbanken liege der bei 15,3 Prozent und damit etwas höher als die der US-Banken. Die EZB hat Enria zufolge vor kurzem analysiert, wie viel Eigenkapital bedeutende Banken im Euroraum benötigen würden, wenn sie den in den USA geltenden Regeln unterliegen würden. "Sie stellten fest, dass die Anforderungen für die weltweit systemrelevanten Banken nach den US-Vorschriften höher wären, während sie für andere Banken im Euroraum niedriger wären", sagte er.

Dies liege zum Teil daran, dass sich der Gesetzgeber in Europa dafür entschieden habe, die Baseler Standards auf alle Banken anzuwenden, während in den USA stärker zwischen den Regeln für die größten Banken und denen für die kleineren und mittleren Banken unterschieden werde.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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