Eine schwierige Zeit für die Märkte
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Für die Märkte war das erste Quartal eine schwierige Zeit, denn sie mussten sich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Hinzu kamen eine Eskalation der geopolitischen Risiken und die anhaltende Sorge über die wachsende Kreditblase in China. Im Januar und Februar bekamen es die Märkte richtig mit der Angst zu tun, doch mittlerweile ist die Risikobereitschaft zurückgekehrt und die Anlegerstimmung hat sich aufgehellt. Nach der deutlichen Abschwächung im ersten Quartal haben die Aktienmärkte der Industrienationen (mit Ausnahme Japans) nun wieder den Stand vom Jahresanfang erreicht. In den Schwellenländern dagegen ist die Lage trotz einer kräftigen Rallye in der letzten Woche eher durchwachsen. An den Rentenmärkten sind die Renditen zwar deutlich niedriger als zu Beginn des Jahres, doch in den Kernländern steigen die Renditen schon wieder und liegen klar über den jüngsten Tiefständen. Bei den Unternehmensanleihen verengen sich die Risikoaufschläge zunehmend (ist „Hochzins“ bei einer Rendite von 4 Prozent überhaupt noch eine treffende Bezeichnung?), und sowohl Schwellenländeranleihen als auch -aktien haben zuletzt kräftig angezogen.
Was den makroökonomischen Hintergrund betrifft, so befindet sich die entwickelte Welt weiter im Aufwärtstrend, wenngleich das Tempo etwas langsamer ist, als wir zu Beginn des Jahres erwartet hatten. Die US-Notenbank bemüht sich nach wie vor um einen geordneten Ausstieg aus der quantitativen Lockerung, und aktuell wird damit gerechnet, dass die kurzfristigen Zinsen in der ersten Jahreshälfte 2015 zu steigen beginnen. Welche Auswirkungen die Normalisierung der Geldpolitik auf die Wirtschaft haben wird, lässt sich nur schwer abschätzen – sie wird jedenfalls für Gegenwind sorgen, und die Verschuldung verharrt auf ihrem hohen Niveau. In Europa geht das Gespenst der Deflation um, und da die Schuldenprobleme denen der USA ähneln, wird die EZB sicher auch den Einsatz weiterer unorthodoxer Instrumente in Erwägung ziehen. Wir gehen davon aus, dass neue geldpolitische Maßnahmen aus einer Position der Schwäche heraus ergriffen werden, sprich: Angesichts der flauen gesamtwirtschaftlichen Aktivität, der fragilen Lage in den Peripherieländern und der hartnäckig niedrigen Inflation hätte die EZB sie wohl früher einführen sollen. In Japan scheint der als „Abenomics“ bezeichneten Wirtschaftspolitik die Luft auszugehen und die Währung wertet nicht mehr ab. Aufgrund der Nervosität über die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung hat der Nikkei entgegen dem Vorjahrestrend gegenüber den Aktienmärkten anderer Industrienationen drastisch nachgegeben.
Das größte Rätsel gibt jedoch wohl China auf: In den letzten Jahren erlebte das Land ein explosionsartiges Kreditwachstum, nicht zuletzt, weil das Schattenbankensystem Privatanleger mit einer breiten Palette von Sparprodukten angelockt hat, die hohe Renditen versprechen, bei denen aber meist undurchsichtig ist, wie das Geld angelegt wird. Den Behörden bereitet diese Situation nun offensichtlich Sorgen und die Anleger müssen sich sicherlich darauf einstellen, dass die Zahl der Pleiten bei diesen Fonds steigen wird. Ein ähnliches Kreditwachstum haben in der Vergangenheit schon andere Volkswirtschaften erlebt und es sieht nicht so aus, als ob dies jemals gut ausgegangen wäre. Im günstigsten Fall wird die chinesische Wachstumsrate merklich sinken, doch es könnte auch weitaus schlimmer kommen. Durch die anhaltend schwache Performance chinesischer Aktien wurden diese Sorgen offensichtlich zum Teil bereits eingepreist und die Bewertungen sind im Vergleich zu anderen Märkten relativ niedrig. Eine Entschärfung der chinesischen Kreditblase könnte das Finanzsystem in China jedoch auf eine harte Probe stellen und noch mehr Anleger entmutigen.
Daher haben wir beschlossen, die Übergewichtung von Aktien um die Hälfte zu reduzieren und zu einer neutralen Liquiditätsposition überzugehen. Die Übergewichtung in Aktien werden wir beibehalten, denn die Bewertungen sind im Großen und Ganzen angemessen, wenngleich nicht mehr so überzeugend, wie sie einmal waren. Wir haben auch entschieden, unsere Untergewichtung in asiatischen Aktien aufgrund der Besorgnis in Bezug auf China zu verstärken und unsere Übergewichtung in Japan zu erhöhen, weil wir davon ausgehen, dass die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung nicht so nachteilig wie befürchtet sein werden. Obwohl wir in Aktien übergewichtet bleiben, könnte man sagen, dass wir schon lange nicht mehr so wenig optimistisch waren. Bei Anleihen werden sich die Renditen in den Kernländern weiter nach oben bewegen und Unternehmensanleihen bieten angesichts der bisherigen Verengung der Risikoaufschläge weitaus weniger Wert. Echte Investmentgelegenheiten scheinen nur die Schwellenländer zu bieten, doch die Risiken im Hinblick auf China sowie die geopolitischen und makroökonomischen Risiken halten uns momentan davon ab, unsere Gewichtung zu erhöhen. Die gute Nachricht lautet, dass für Stock Picker in diesem Umfeld immer wieder Investmentgelegenheiten entstehen, die wir vermutlich auch weiterhin nutzen können.
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