Kommentar
08:11 Uhr, 08.08.2014

Ein Tag wie heute ist schwer zu verdauen

Die Welt brennt lichterloh, und die Risiken werden täglich asymmetrischer. Ich möchte an dieser Stelle deshalb einmal nicht auf Finanzmarkttechnisches eingehen, sondern einen Analysten vorstellen bzw. empfehlen, dem ich seit Monaten sehr genau folge und der sehr Kluges von sich gibt

John Schindler, Professor am Naval War College, Geheimdienstexperte und ex NSA.

twitter.com/20committee

Um es vorwegzunehmen – Schindler ist amerikanischer Hardcore-Konservativer und der NSA sehr verbunden. Warum ich ihn trotzdem mag? Politische Korrektheit ist im vollkommen fremd und er ist auf seinem Gebiet ein herausragender Experte, der seit Monaten ins Schwarze trifft.

Heute zum Beispiel hat sich auf seinem Twitter-Account eine rege und längst überfällige Diskussion entfaltet. Es ging dabei um die Frage ob der Westen auch nur ansatzweise versteht wer Putin eigentlich ist.

Nicht nur Schindler drängt sich langsam der Verdacht auf, dass man Putin weniger als Kommunist sonder vielmehr als Zar klassifizieren sollte. Ein Cäsar der die Dinge wirklich so meint wie er sie sagt, und der sich als Verteidiger der letzten Bastion der Christenheit, des Römischen Reiches, sieht.

Läge Schindler damit richtig, wäre dies die Bankrotterklärung der gesamten bisherigen westlichen Politik, denn sie hätte es mit einem Gegenüber zu tun, der nicht in Zahlen sondern in für den Westen mittlerweile unverständlichen Werten denkt.

Welchen Sinn würde es denn in diesem Fall noch machen mit Sanktionen zu prahlen die doch angeblich Russland ungleich härter treffen wie den Westen? Vom Glauben dass schrumpfenden Bankkonten Putin in die Knie zwingen würden, könnte man sich auf jeden Fall schnell verabschieden.

Gerne werfen unsere Politiker Putin vor in einer „Bubble“ zu leben, aber ein schaumiger Blick auf Moskau könnte auch bedeuten, dass man selbst in der Blase steckt.

PS: Ich teile nicht alle Ansichten Schindlers, und werde vielleicht in Zukunft auch russische Analysten vorstellen, die ich sehr schätze und die gänzlich andere Weltbilder vertreten.

15 Kommentare

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Hallo balkansahel, Investor, Einspruch35 und danke für die Kommentare.

    Ich bin grundsätzlich ein sehr politischer Mensch, bemühe mich aber gleichzeitig meine Meinung auf dieser Plattform nicht in den Vordergrund zu tragen und immer einen Bezug zur Börse zu wahren.

    Dieser Bezug ist durch meinen Beitrag insofern gegeben, als dass ich auf die Möglichkeit verweise, dass Putin an keiner Deeskalation interessiert sein könnte. Diese Unterstellung wird meiner Meinung nach derzeit nicht eingepreist.

    Ich stimme Investor zu, dass sich Anleger in Zukunft verstärkt mit Geopolitik auseinandersetzen müsssen, da die Friedensdividende möglicherweise langsam aufgezehrt ist. Ich verweise in diesem Zusammenhang noch einmal auf die von mir schon vorgestellte Citi-Studie mit dem Titel „Vox Populi“.

    http://citi.us/1k3XwNk

    19:14 Uhr, 08.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    Ist es wirklich so einfach, wie meine Vorkommentatoren meinen? Ich glaube nicht.

    - USA führen den Kalten Krieg fort aber auf verschiedenen Ebenen.

    < Russland hat sich mit China associiert und greifen USA auf der wirtschaftlichen Ebene an. Abschaffung des US Dollars als Weltleitwährung, Aufbau von Goldvorräten, Fokus auf der Rohstoffebene. Jede der Aktionen kann den US Wohlstand deutlich beeinträchtigen.

    < Russland, China und USA haben große Hackerarmeen aufgebaut und versuchen Vorteile gegen die Gegenseite zu gewinnen. In diesem Zusammenhang muß man die Maßnahme von China sehen, keine US HW oder SW einzusetzen.

    < USA versucht den USD als Weltleitwährung zu sichern, in dem sie Freihandelsabkommen schliessen, in denen der USD als Handelswährung festgeschrieben wird. In diesem Zusammenhang muß man die Weigerung Chinas verstehen, ein Freihandelsabkommen mit USA zu schliessen.

    < USA nutzen ihre militärische Stärke um "kleinere" Staaten die aus der USD Vorherrschaft ausbrechen wollen (Lybien, Syrien, irak, usw)

    < USA greifen den Einfluß von China in Afrika durch ihr kurzfristiges Ankündigung stärkeren Fokus auf Afrika zu legen. Mehr militärische Auseinandersetzungen in Afrika auch unter einbeziehung der europäer wird die Folge sein.

    < USA verwenden die NGOs um Umstütze vorzubereiten.

    < Russland unterstützt in Gegenzug die Separationsbestrebungen in Schottland. Wenn Schottland im September von UK unabhängig wird, dann liegt die größte UK Flottenbasis und die größten Ölreserven in Schottland.

    < In beiden Ländern haben die Fundamentalisten großen Einfluß. In USA wurden viele Entscheidungsträger von Russlandhassern an den Universitäten ausgebildet. Die Republikaner stehen unter Druck von extremen Rechten, die lieber untergehen würden, als einen Konflikt ausweichen. Große Teile des Forschungsbudgets stammen aus dem Militär/Security Bereich.

    < Ähnlich sieht es in Russland und China aus. Russland macht USA für den Zusammenbruch des Ostblocks verantwortlich. Die Ausweitung der Nato und Ausweitung der EU hat mögliche Annäherungen beendet. Russland sieht sich durch US Militärbasen umzingelt und es gibt die Furcht daß nach der Stationierung von Raketen in Polen es keine ausreichende Reaktionszeit gibt, um Moskau effizient zu verteiligen.

    < China nimmt den Westen noch übel, daß dieser im 20jh China mit Drogen überflutet hat.

    < Russland hat ein großes Drogenproblem wahrscheinlich China auch. Viele der Drogen kommen aus Afganistan. Solange die Taliban an der Macht waren, wurden nahezu keine Drogen produziert. Nach dem Einmarsch der USA in Afganistan werden soviele Drogen wie nie zuvor produziert. Dies war so gewollt, um Russland weiter fluten zu können.

    Ich hoffe die wichtigsten Ebenen des Konfliktes sind hier beschrieben.

    18:32 Uhr, 08.08.2014
    2 Antworten anzeigen
  • Einspruch35
    Einspruch35

    ​Wer Putin für einen Kommunisten gehalten hat, ist genau so gaga, wie jemand, der ihn für einen lupenreinen Demokraten erklärt hat. Wer keine Ahnung hat, muss sich nicht wundern, wenn er sich irrt...

    Putin ist ein Produkt des seinerzeitigen Systems: ein komplett unideologischer, autoritätsgläubiger, opportunistischer Karrierist. Und einmal an der Spitze der Kommandokette angelangt, ein gnadenloser Machtpolitiker. Der verbündet sich mit dem Teufel, wenn es ihm nützt. Nationalismus, ja Ultranationalismus und die Orthodoxie sind für ihn Werkzeuge zur Machtausübung und -festigung. Das ist seine Ideologie, sein Kommunismus. Die Macht. Kompromiss und Koexistenz sind ihm verhasst. Wer sich nicht unterordnet, ist sein Feind.

    Innenpolitisch fährt er diesen Kurs schon ewig. Wer sich jetzt wundert, dass er den selben Kurs auch nach aussen wendet, der sollte sich besser nicht mehr Experte nennen. Putin fühlt sich wirtschaftlich jetzt wieder stark genug, sich mit denen anzulegen, die Russland in den letzten 15 Jahren wieder mit auf die Füsse geholfen haben. Wandel durch Wirtschaftsverflechtung? Ja sicher, aber von jetzt an nur noch zu Putins Konditionen. Denkt Putin. Wem der Sinn nach autoritären Strukturen steht, nach Rechtlosigkeit und ausufernder Korruption, der kann da gerne mitmachen. Das sind Putins „Werte“.

    Allen anderen ist zu kritischer Distanz und zum Containment zu raten.

    Pech für Siemens, Adidas, Metro und Co. Die Margen sind wirklich sehr verlockend im Reich der Korruption, so lange man sich gut steht mit dem Paten.

    17:08 Uhr, 08.08.2014
  • Lumpazi
    Lumpazi

    ​Peter Scholl-Latour hat 2003, angesichts der US-Invasion im Irak, immer wieder betont, dass die Amerikaner die arabische Welt nicht verstehen, nicht verstehen können, nicht verstehen wollen. Das kann man sich aussuchen.

    Bei Russland ist das ganz genauso. Dabei hätten sie sich in Huntingtons ,,Kampf der Kulturen" schlau lesen können: Russland als Führungsmacht des orthodoxen Kulturbereichs.

    Was ist dieser Mann gescholten worden, vor allem in Deutschland! Man hing damals lieber dem schönen Traum vom europäischen Haus (Gorbatschow) nach. Russland ist anders. Das werden auch die Europäer begreifen müssen. Dann kann man auch entsprechend mit ihm auskommen.

    Übrigens: D i s k u s s i o n auf Twitter, diesem geistigen Morsemedium? Selten so gelacht, Herr Hauser.

    13:48 Uhr, 08.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • fehu001
    fehu001

    Ich glaube man sollte hier zwischen den Handlangern der Achse des Bösen (die westlichen Medien und Politiker) und der Volksmeinung unterschieden.

    Achse des Bösen (Kriegstreiber) ist Israel-USA-England(City).

    Wenn ich mir so in de letzten Zeit die Leser-Artikel in den dt. Medien so ansehe, kann ich nur feststellen, dass das Volk sehr wohl weiß, dass Putin Werte und Handlungen verkörpert, die unseren Politikern schon lange abhanden gekommen sind. Putin wagt es sogar das Volk zu befragen, ob es zur Ukraine oder zu Russland will. Und er lässt sich u.a. auch direkt vom Volk wählen und nicht von einem Gremium aus befangenen und bezahlten Einzelpersonen.

    Aber die Mainstream – Medien bekommen für ihre selektive Berichterstattung gerade die Rechnung, weil ihnen die Leser in Scharen davon laufen. Prarallel dazu rennt das Volk gerade auch immer mehr auf die Straße, um gegen den Völkermord in GAZA und der dort angestebten ENDLÖSUNG für die Palästinenser zu protestieren.

    10:49 Uhr, 08.08.2014
    1 Antwort anzeigen
  • Löwe30
    Löwe30

    Russland scheint nach all den dramatischen Veränderungen seit dem Reich der Zaren wieder da angekommen zu sein wo es begonnen hat: Im Reich des Zaren Putin.

    Die Lehre daraus zieht Uri Avnery hier:

    http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fla...

    wie folgt: "Es bedeutet für mich, dass es so etwas wie einen nationalen Charakter gibt, der sich nicht so leicht verändert, wenn überhaupt. Revolutionen, Kriege, Katastrophen kommen und gehen und der eigentliche Charakter eines Volkes bleibt, wie er war."

    ​Im Artikel sind weitere Beispiele für diese These zusammengetragen.

    Ganz von der Hand zu weisen ist diese These nach meinem Eindruck ja nicht.

    08:54 Uhr, 08.08.2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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