Ein mysteriöser Konvoi hält die Welt in Atem
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Konstant hält er diese in einem Zustand der totalen Verwirrung, spaltet die öffentliche Meinung und schafft dabei im Hintergrund heimlich Fakten.
An belastungsfähige Informationen ist gleichzeitig leider kaum zu kommen, denn die Wirklichkeit wird tagtäglich zwischen den Propagandamaschinen Moskaus und Kiews skrupellos zerrieben.
In diesem Umfeld macht es relativ wenig Spaß sich mit dem Konflikt auseinanderzusetzen, denn die Gewinnung von Erkenntnis ist unglaublich zeitaufwendig und bleibt dabei immer nur sehr bruchstückhaft.
Warum sich dann überhaupt Mühe machen darüber zu schreiben?
Über die letzten Tage hat sich in der Ukraine eine Situation entwickelt, die schwer greifbar ist, und deshalb für große Nervosität sorgt: Ein drei Kilometer langer Hilfskonvoi bestehend aus weiß lackierten Militärlastwagen schlängelt sich von Moskau aus auf die Ukraine zu, und scheint seit heute plötzlich vom Radar der Wahrnehmung verschwunden zu sein. Was hat es damit auf sich?
Seltsamerweise haben alle drei an der ursprünglichen Koordination der Hilfslieferung beteiligten Parteien eine unterschiedliche Sicht der Dinge:
- Russland: Es bestand ein Konsens über die Formalitäten des Konvois, welcher nun tatkräftig von der Ukraine sabotiert wird.
- Ukraine: Russland versucht zum wiederholten Mal, über einen konstruierten Vorwand im Alleingang die Grenze zu überschreiten um entweder zu provozieren, oder Ausrüstung ins Land zu schmuggeln.
- Rotes Kreuz: Wir wissen von nichts, und werden kaum involviert.
Ich will im Folgenden keine Erklärung anbieten und mich nicht weiter an der Diskussion beteiligen, inwiefern Putin gute oder böse Absicht unterstellt werden muss, sondern die Schlüsselfakten für den Anleger noch einmal zusammenfassen, denn die Lastwagen könnten über die nächsten Tage durchaus das Potential haben, den Risk-On/Off-Modus der Börse zu beeinflussen.
Montag 11. August
Poroshenko telefoniert mit Barroso und diskutiert mit ihm die ukrainische Initiative zur Durchführung einer humanitären Mission für Luhansk.
www.president.gov.ua/en/news/30958.html
Putin telefoniert mit Barroso und informiert ihn über die Entsendung eines Hilfskonvois nach Luhansk
Barroso bestätigt das Telefonat mit Putin und weist darauf hin, dass er ihn davor gewarnt hat, unter dem Vorwand von humanitärer Hilfe eine Invasion zu starten.
europa.eu/rapid/press-release_IP-14-921_en.htm
Das Rote Kreuz bestätigt, sich mit Russland und der Ukraine getroffen zu haben und die groben Rahmenbedingungen einer humanitären Mission abgesteckt zu haben. Details müssten noch geklärt werden.
Dienstag 12. August
Der Konvoi macht sich von der Region Moskau aus auf den Weg zum Grenzübergang Shebekino-Pletnyovka bei Kharkov.
Moskau zeigt sich sehr erstaunt darüber, dass die Ukraine angeblich ständig neue Forderungen stellt, und fordert die Einhaltung der vorab getroffenen Vereinbarungen.
www.mid.ru/brp_4.nsf/0/5AA1B0B31D26C1C644257D33001D8F9C
Lavrov telefoniert mit Steinmeier und rief ihn auf alle Möglichkeiten zu nutzen, damit die Hilfslieferungen gemäß den Absprachen ihr Ziel erreichen.
www.mid.ru/bdomp/brp_4.nsf/e78a48070f128a7b43256999005bcbb3/82e2c03418488e4344257d330059c961
Lavrov erklärt, dass der Plan für eine humanitäre Hilfe in Kooperation mit der Ukraine, dem Roten Kreuz, der UN und der OSZE auf den Weg gebracht wurde. Auf alle Forderungen der Ukraine wurde eingegangen. Auf eine Umladung an der Grenze wurde in Übereinstimmung verzichtet.
www.mid.ru/bdomp/brp_4.nsf/e78a48070f128a7b43256999005bcbb3/52390b72d5c5890144257d33003ed8e9
Poroshenko telefoniert mit dem Premierminister von Italien, Barroso, dem Präsidenten von Georgien sowie Lukashenko um für eine von der Ukraine koordinierten Hilfe für Lugansk zu werben.
Laut Valeriy Chaly, dem stellvertretende Leiter der Präsidentschaftskanzlei in Kiew, darf der Konvoi unter keinen Umständen ukrainischen Boden betreten. Die transportierten Güter müssen an der Grenze von ukrainischen Behörden übernommen werden.
Das Rote Kreuz fordert mehr Klarheit von Moskau bezüglich des Konvois und zeigt sich nicht wirklich im Bilde über die russische Initiative.
Der Konvoi stoppt über Nacht in Voronezh, 300 Kilomoeter südlich von Moskau.
Mittowch 13. August
Laut dem Gouverneur der Region Kharkov, Igor Baluta, wird der Konvoi nicht wie ursprünglich erwartet bei Shebekino-Pletnyovka die Grenze überqueren. Die Lastwagen selbst bleiben verschollen und haben wahrscheinlich die Stadt Voronezh nicht wieder verlassen.
Svyatoslav Tsegolko, der Kiewer Pressesprecher gibt ein Statement bezüglich der Situation rund um den Hilfskonvoi: Schon am Freitag habe Russland versucht mit einer „Friedenstruppe“ eine Invasion zu starten, was allerdings in letzter Sekunde verhindert werden konnte. Darüber hinaus habe Moskau am Dienstag einen Vorschlag der Ukraine abgeschlagen bei dem es darum ging, dass die Lastwagen an der Grenze umgeladen werden. Er stellt drei mögliche Zukunftsszenarien vor:
- Russland startet eine direkte Invasion im unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe
- Der Konvois überquert bei Kharkov die Grenze und provoziert mit hoher Wahrscheinlichkeit ukrainische Truppen
- Der Konvoi passiert die Grenze in der Nähe von Luhansk. Die Waren werden an der Grenze gescannt und passieren dann das von Separatisten kontrollierte Gebiet, um dann in Luhansk vom Roten Kreuz entladen zu werden. Dieser Vorschlag sei ein Entgegenkommen um eine Invasion Russlands zu vermeiden.
www.president.gov.ua/en/news/30979.html
Die Ukraine stellt eigene Hilfskonvois für Luhansk vor
www.president.gov.ua/en/news/30985.html
Das Rote Kreuz fordert weiterhin mehr Details zum Hilfskonvoi an.
Fazit:
Stand 13. August darf der Konvoi die Grenze bei Luhansk passieren und muss dann dort vom Roten Kreuz entladen werden. Damit soll wahrscheinlich Russland die Möglichkeit genommen werden einen Zwischenfall zu provozieren.
Meiner Meinung nach ein Kompromiss mit dem eigentlich alle Parteien leben können sollten, wenn es ihnen tatsächlich wirklich nur um die Menschen in Luhansk geht.
Anbei noch eine kleine Map mit den wichtigsten Stationen und mit dem von Rebellen kontrollierten Gebiet (Stand 13. August) zur besseren Orientierung.
mapsengine.google.com/map/edit?mid=zj-H0kGifP00.kHQSLK1s1Pzo
PS: Die Map kann von jedem Nutzer editiert werden. Vielleicht ergibt sich ja unter Interessierten ein kleines Projekt zur Visualisierung der Situation in der Ukraine.
Man sollte sich mal überlegen was der Westen im blindem Gehorsam gegenüber der USA beigetragen hat dass dieser Konflikt solche Ausmaße angenommen hat.
Was hat man man konstruktiv zustande gebracht.?
Medial wird permanent mit 2 Maßen gemessen.
Alles was Amerika gemacht hat dient zur Rettung der Menschheit (und da sind einige Aktionen dabei die völkerrechtlich nicht gedeckt waren) und das böse Russland.
Mir tun die Menschen leid die das ausbaden müssen, aber man sollte sich auch mal die Außenpolitik der EU in den letzten Jahren anschauen, dann kann man Russland einwenig besser verstehen.
Warum wird nicht mal Amerika medial an den Pranger gestellt, denn wer hat die jetzige Situation in Syrien und Irak zu verantworten?
Aber man braucht ja auch ein Feindbild und da eignet sich Putin bestens.
Hier geht es um Politik und um Wahrung von Interessen um nicht mehr und nicht weniger.
(Und da kennt Amerika nichts wenn es um ihre Interessen geht, siehe NSA)
Wr sind ja so demokratisch dass das Freihandelsabkommen mit Amerika hinter verschlossen Türen stattfinden muss, weil es sonst in ganz Europa zu Demos kommen würde.
Gut dass wir die bösen Russen haben, unserer Wirtschaft geht es schlecht also kann man dieses Abkommen bestens verkaufen.
Also weiter auf Putin draufhauen wahrend unsere Politiker uns den Großkonzernen Amerikas ausliefern.
Warum glaubt ihr denkt Merkel darüber nach noch vor ende ihrer Amtszeit abzutreten. Weil sie noch was vom Leben haben will, oder weil immer mehr Sachen auftauchen wo sie den Wähler wissentlich belogen hat.
Wir sollten mal anfangen vor der eigenen Haustüre zu kehren.
Sorry Hr. Hauser,
aber Sie gehen den Russen einfach viel zu leicht auf den Leim.
IKRK und Ukraine haben EINEM Hilfstransport prinzipiell zugestimmt. Zusammengestellt haben genau diesen ominösen Transport jetzt aber die Russen ganz alleine in einer Kaserne bei Moskau. Keiner ausser denen weiss, was da genau drin ist. Die Russen schaffen (?) es nicht einmal, dem IKRK eine zufriedenstellend genau Liste der Güter zu übermitteln. Kann ganz harmlos sein, muss es aber nicht.
Wären IKRK und Ukrainer beteiligt gewesen, dann müsste sich das IKRK jetzt nicht bis zur eigenen Überprüfung des Inhaltes von diesem Transport distanzieren. Und die Ukrainer hätten die Trucks zusammen mit den anderen Beteiligten nach dem Beladen verplombt und der ganze Transport wäre längst in Lugansk eingetroffen.
Und wenn Putin heute erklärt, er wolle den Bruderkrieg in der Ukraine beenden, dann ganz bestimmt nicht bei voller Souveränität der Ukrainer über ihr komplettes Territorium. Sondern eher nach dem Modell Abchasien und Transnistrien.
Putin und seine Leute haben in den letzten Monaten jeglichen Vertrauensvorschuss verspielt. Also ganz präzise lesen, was die sagen und melden. Und wenn deren Statements dehnbar und auslegbar erscheinen, dann ist das alles Kalkül und genau so gewollt.
@ Schuby: Ja, diese Vermutung halte ich ebenfalls nicht stichhaltig. Zwischen Russland und der Ukraine gibt es einen über 100 Kilometer Grenzabschnitt der von russischen bzw. pro-russischen Kräften kontrolliert wird. Für Waffenlieferungen braucht man keinen Konvoi.
Hilfslieferungen auf der anderen Seite können nur offiziell ins Land gebracht werden, da alle Seiten für den Schutz des Konvois garantieren müssen.
@ Löwe30 Ich gehe persönlich gehe davon aus, dass nicht nur die Milizen, sondern auch das ukrainische Militär nicht als unbedingt „Befreier“ kommen.
@ Schlitz Der wirksamste Schutz wäre den Konvoi unter Aufsicht des Roten Kreuzes zu stellen.
@ Investor Es ist fast schon unheimlich wie jeder Konflikt weltweit miteinander verknüpft zu sein scheint. Ein Aspekt, der in Diskussionen nicht zu Ausdruck kommt ist, dass der Krieg gegen den Terror möglicherweise erst begonnen hat. Dieses mal muß der Westen ohne Kooperation von Russland kämpfen. Das wird noch eine sehr eine bittere Geschichte.
@ Humpty Ich sehe nicht, dass die Separatisten vor einer Niederlage stehen. Im Gegenteil steigen die Verluste der ukrainischen Truppen enorm an. Russland greift mittlerweile unverholen in den Konflikt ein und unterstützt die Rebellen massiv mit Artillerie.
@ Einspruch35 Der Konvoi wurde tatsächlich in Zussamenarbeit mit dem Roten Kreuz, ukrainischen Vertretern, der OSZE und der UN zusammengestellt. Das bestreitet keine Partei. Platte Lügen kann man Putin in diesem Fall nicht vorwerfen.
@ Student Ich stimme zu, dass Putin weiß wie man das „New Great Game“ spielt. Europa muss erst davon überzeugt werden, dass das Spiel nie beendet wurde.
Man kann von Putin halten, was man will. Er hat sich bisher durch besonnenes Handeln internationalen Respekt erkämpft, auch von seinen westlichen Gegnern. Diese diskreditieren sich durch martialische Parolen da nur umso mehr.
Dass er trotz seiner verlorenen Einflußsphäre im ukrainischen Gebiet vielleicht eine Schlacht verloren hat, aber weiß, wie das "Great Game" gespielt wird, lässt ihn nichtsdestoweniger als glaubwürdigen Potentaten in Erscheinung treten - ganz im Gegensatz zu unseren degoutanten Schreihälsen.
Gute Recherche!
Ja, Putins Leute nutzen alle ihre Ressourcen, um Kiev permanent unter Druck zu halten und nicht in die Initiative gelangen zu lassen. Würden es die Russen wirklich ehrlich meinen mit schneller effektiver Hilfe, dann hätten sie den Konvoi gemeinsam mit IKRK und ukr. Abgesandten zusammengestellt. Statt dessen stellen Lavrov und Co Behauptungen über angebliche Tatsachen auf, die von den anderen Beteiligten immer nur dementiert werden können. Der Lügner kann agieren. Die Betroffenen sind in der Defensive und zur Reaktion gezwungen. Welchen Grund hat Russland, so unseriös zu agieren? Fragt mal die Georgier nach ihren Erfahrungen mit weissen russischen Hilfskonvois. Die Ukraine hat jeden Grund, extrem misstrauisch zu sein. Mit 280 nahezu identisch aussehenden Trucks kann man doch herrliche Verwirrspielchen treiben. Tricksen, täuschen, vernebeln. Das ist kein transparentes, berechenbares politisches Handeln. Das sind Geheimdienstmethoden.
Putin hat sich vor einigen Monaten vollmundig als Beschützer aller ethnischen Russen aufgespielt - egal wo sie leben. Das setzt ihn jetzt innenpolitisch enorm unter Druck, etwas zu unternehmen, da die prorussischen Separatisten offensichtlich kurz vor einer militärischen Niederlage stehen. Russische Hardliner fordern hartnäckig ein militärisches Eingreifen, da ist der Hilfskonvoi wohl so eine Art Mittelweg zwischen Nichtstun und Einmarsch.
Inwiefern man Putin deshalb als "taktisch überlegen" bezeichnen darf, erschließt sich mir nicht. Er denkt seine Aktionen nicht zu Ende, sondern peilt in erster Linie nur den schnellen (PR-)Erfolg an.
Diese 280 russischen Lkw sollten sehr gut geschützt werden.
Denn: Was würde passieren, wenn der völlig uneigennützige russische "humanitäre Hilfskonvoi von ukrainischen Armeeeinheiten angegriffen" und "ein Blutbad angerichtet" würde? Ein sofortiges militärisches Eingreifen Putins mit Besetzung der Ostukraine wäre die logische Folge!
Abwegig? Abenteuerlich? Abwarten...