Deutsche Wirtschaft stemmt sich gegen Eurokrise
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Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im November überraschend aufgehellt. Wie das ifo-Institut am Freitag mitteilte, stieg der ifo-Geschäftsklimaindex von100 Punkten im Vormonat auf 101,4 Punkte. Es handelt sich um den ersten Anstieg nach sechs Rückgängen in Folge. Die Volkswirte hatten im Schnitt mit einem weiteren Verschlechterung auf 99,5 Punkte gerechnet.
Trotz Eurokrise haben sich vor allem die Erwartungen der deutschen Unternehmen deutlich verbessert. Der Index für die Geschäftserwartungen in den kommenden sechs Monaten legte um zwei Zähler auf 95,2 Punkte zu. Auch die Zufriedenheit mit der gegenwärtigen Geschäftslage nahm leicht zu. Der entsprechende Indikator stieg um 0,9 auf 108,1 Punkte. "Die deutsche Konjunktur stemmt sich gegen die Eurokrise", betonte ifo-Chef Hans-Werner Sinn.
Mit dem jüngsten Anstieg beim ifo-Index dürfte sich die deutsche Wirtschaft weiter im Niemandsland zwischen Boom und Rezession befinden. Im dritten Quartal wuchs die deutsche Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal noch um 0,2 Prozent, nach einem Plus von 0,3 Prozent im zweiten und 0,5 Prozent im ersten Quartal. Für das vierte Quartal rechnen Volkswirte überwiegend mit einer Stagnation oder einem leichten Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt. Die jüngste Verbesserung beim ifo-Index macht aber Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft zumindest nicht in eine längere Rezession abstürzen wird. Die realwirtschaftlichen Aussichten in vielen Ländern Europas bleiben trübe, während die Geschäfte vieler deutscher Unternehmen in den USA und Asien zuletzt wieder etwas besser liefen. Zugleich hat die EZB mit ihrer Ankündigung notfalls unbegrenzter Anleihenkäufe im Sommer für eine deutliche Stimmungsaufhellung gesorgt, die jetzt von den Banken auch auf die Realwirtschaft übergreift.
Es ist nicht das erste Mal, dass die EZB kurzzeitig für eine deutliche bessere Stimmung sorgt. Bereits Ende 2011 hatte sich die Konjunktur deutlich eingetrübt. Zahlreiche Banken standen zudem wegen ihrer im Jahr 2012 auslaufenden Anleihen unter Druck und konnten weniger Kredite an die Unternehmen vergeben. Die EZB-Ankündigung ihres neuen dreijährigen Refinanzierungsprogramms für die Banken (LTRO) half allerdings, das Schlimmste abzuwenden. In der Folge verbesserten sich auch die Wirtschaftsdaten im ersten Halbjahr 2012 deutlich. Auch die jüngste Stimmungsaufhellung hat durchaus realwirtschaftliche Konsequenzen. So wurde die Kapitalflucht aus den südlichen Euro-Staaten zumindest zeitweise eingedämmt.
Während die Wirtschaft in vielen Euro-Staaten weiter auf Sparflamme läuft, profitierten die deutschen Unternehmen zuletzt von der wieder etwas besseren Geschäftslage in Übersee. Die US-Wirtschaft zeigte sich in den vergangenen Monaten überraschend robust und auch die Einkaufsmanagerindizes für China haben sich zuletzt aufgehellt. Die US-Fiskalklippe könnte allerdings das Wachstum in den USA und anderswo recht schnell wieder abwürgen. Das zuletzt richtungslose Hin und Her an den Börsen hat also durchaus realwirtschaftliche Gründe. Ein klarer Trend lässt sich derzeit weder an den Finanzmärkten noch in der Realwirtschaft ausmachen.
Oliver Baron
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