Bitkom: Unternehmen beklagen zunehmenden Aufwand durch Datenschutz
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Unternehmen in Deutschland beklagen laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom einen höheren Aufwand durch den Datenschutz und fordern eine Reform der Aufsicht. Mit 94 Prozent bezeichneten fast alle Unternehmen den aktuellen Datenschutz-Aufwand als hoch. Außerdem beklagten knapp zwei Drittel der Unternehmen, dass Deutschland es mit dem Datenschutz übertreibt, und 70 Prozent warnen, dass der Datenschutz die Digitalisierung in Deutschland hemmt. Der Befragung zufolge sehen 63 Prozent das konkret für gesellschaftlich relevante Projekte wie etwa den Einsatz digitaler Technologien in Schulen.
"Der Schutz persönlicher Daten gehört unverrückbar zu unserem Wertesystem und unserer Demokratie in Deutschland und Europa. Bei der Umsetzung und Auslegung müssen wir aber nachsteuern, damit der Datenschutz praxistauglich bleibt", forderte Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung. "Beim Datenschutz brauchen wir dringend mehr Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Einheitlichkeit. Das wäre ein Förderprogramm für die Unternehmen, das kein Geld benötigt, sondern nur politischen Willen."
Laut Umfrage müssen die Unternehmen in Deutschland noch größere Anstrengungen unternehmen, um den Datenschutz umzusetzen, so der Verband. In der Umfrage gaben rund zwei Drittel (63 Prozent) der Unternehmen an, dass der Aufwand für den Datenschutz im vergangenen Jahr zugenommen hat, bei 36 Prozent ist er gleichgeblieben. Nirgendwo sei er zurückgegangen. Zugleich sind in rund zwei Drittel (63 Prozent) der Unternehmen in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten innovative Projekte aufgrund von Datenschutz-Vorgaben gescheitert oder gar nicht erst angegangen worden.
Sorgen bleiben bei europäischer Datenschutz-Grundverordnung
Mit Blick auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ist laut Bitkom die Umsetzung weit fortgeschritten, aber die Sorge bleibe. Denn in der Umfrage zeigten sich die Unternehmen auch sechs Jahren nach Beginn der Anwendung unzufrieden. Inzwischen hätten 7 von 10 Unternehmen die DSGVO vollständig (23 Prozent) oder größtenteils (48 Prozent) umgesetzt, weitere 28 Prozent zumindest teilweise, so Bitkom. Allerdings führe sie in den Unternehmen weiterhin zu steigendem Datenschutz-Aufwand. 42 Prozent der Unternehmen haben seit der Einführung mehr Aufwand und gehen davon aus, dass er weiter steigen wird, vor einem Jahr waren es nur 33 Prozent.
Angesichts des hohen Aufwands zieht nach Angaben der Unternehmen die Hälfte den Einsatz von Künstlicher Intelligenz beim Datenschutz in Betracht. Dabei geht es zum Beispiel um Chatbots für die Beschäftigten, um Datenschutzfragen schnell zu erklären, oder auch um das Erkennen von Datenschutzverstößen durch eine KI oder die automatisierte Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Daten. 5 Prozent nutzen solche KI-Anwendungen bereits, 24 Prozent haben den Einsatz bereits geplant. Und weitere 19 Prozent diskutieren noch darüber.
Zugleich sind 68 Prozent der Unternehmen der Meinung, dass der Einsatz von KI in den Unternehmen den Datenschutz vor ganz neue Herausforderungen stellt, so die Umfrage.
"Künstliche Intelligenz kann einen Beitrag zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen leisten. Wir müssen den Datenschutz so ausgestalten, dass er persönliche Daten vor unberechtigtem Zugriff von KI-Modellen schützt, zugleich aber die Entwicklung und Nutzung von KI in Deutschland und Europa fördert", so Dehmel. Notwendig seien für KI verständliche und handhabbare Regeln. "Wir dürfen die Fehler der Datenschutz-Grundverordnung aus den vergangenen Jahren beim AI Act und Data Act nicht wiederholen", warte sie.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/jhe
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