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09:02 Uhr, 23.08.2012

Berliner Streit in der Causa Athen - Roubini: Crash ist unvermeidlich

Berlin (BoerseGo.de) - Vor dem Besuch des griechischen Premierministers Antonis Samaras in Berlin streiten Regierung und Opposition über Zugeständnisse für die Rückzahlung der Notkredite. Bei Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) beißt Samaras nach wie vor auf Granit. „Rabatte auf Reformen darf es nicht geben“, sagte Rösler der „Bild“-Zeitung (Online). Griechenland müsse die zugesagten Sparpläne im vereinbarten Zeitraum erfüllen. „Wer fest vereinbarte Reformzusagen nicht einhält, kann keine weitere finanzielle Hilfe erwarten. Auch eine zeitliche Streckung, wie sie von der griechischen Regierung gefordert wird, hilft nicht weiter“. Die griechische Regierung müsse glaubwürdig handeln. „Neues Vertrauen in den Euro schaffen wir nur, wenn sich alle an die Regeln halten“.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte die Beteiligten hingegen zu mehr Entgegenkommen auf und will Griechenland mehr Zeit bei der Umsetzung seiner Sparziele zubilligen. „Wenn das neue Konsolidierungsprogramm der Griechen plausibel und belastbar ist, wäre es doch nicht besonders klug, wegen einer Verlängerung des Zahlungsziels von zwölf Monaten alle Forderungen in den Wind zu schreiben", sagte Steinmeier der „Frankfurter Rundschau“ (Donnerstag). Nach seiner Einschätzung werde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Ende nachgeben. „Merkel wird sich winden, eine Befassung des Bundestages so lange wie möglich aufschieben und am Ende doch einer Verlängerung zustimmen“, so der frühere Außenminister.

Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz (SPD) sieht Griechenland in der Pflicht, wieder für mehr Vertrauen der Märkte in den Euro zu sorgen. Schulz sagte am Donnerstag im Interview mit dem Deutschlandfunk, den Worten müssten nun Taten folgen. Der griechische Ministerpräsident stehe dabei aber unter enormen Druck, weil er nun eine Sparpolitik verfolgen müsse, die er ursprünglich abgelehnt habe. Es gebe aber eine Bewegung in die richtige Richtung, meinte Schulz.

Vor seinem Besuch bei Angela Merkel in Berlin, bei dem es um mehr Zeit für die Reformen in Athen gehen wird, verspricht der neue griechische Premier den Deutschen, sein Land werde die Hilfskredite von weit mehr als 100 Milliarden Euro zurückzahlen. „Das garantiere ich persönlich“, sagte Samaras der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag). Ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone nannte er „für uns katastrophal, aber auch schlecht für Europa“. Samaras versprach zugleich nochmals, Bürokratie abzubauen. Bisher hätten Investoren zu allen möglichen Ämtern rennen müssen und manchmal jahrelang nichts erreicht. Der Verkauf von Staatseigentum solle bis 2016 zudem 30 Milliarden Euro einbringen. Samaras hofft, dass ihm die europäischen Partner mehr finanziellen Spielraum einräumen werden und Griechenland das EU-Defizitziel von 3 Prozent erst 2016 erfüllen muss und nicht schon 2014, wie bislang von der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF oktroyiert.

Der US-Starökonom Nouriel Roubini rät den Europäern unterdessen, den Crash der Gemeinschaftswährung in Kauf zu nehmen, selbst wenn er kostspielig werde. „Eine frühzeitige Auflösung könnte jedoch das Überleben des europäischen Binnenmarkts und der EU ermöglichen“, schreibt der New Yorker in einem Gastbeitrag für die „Financial Times Deutschland“. Und weiter: „Ein vergeblicher Versuch, einen Zusammenbruch ein oder zwei Jahre lang zu verhindern - nachdem die Kernländer weitere offizielle Gelder in Milliardenhöhe verschwendet haben -, würde ein ungeordnetes Ende bedeuten, einschließlich der Zerstörung des Binnenmarkts aufgrund von massenhaft eingeführten protektionistischen Maßnahmen“ meint Roubini. Wenn ein Zerfall unausweichlich sei, bedeute seine Verzögerung somit deutlich höhere Kosten. Für die Politik komme ein frühzeitiger Austritt allerdings nicht in Frage. Deutschland und die EZB setzten massiv auf Liquidität, um Zeit für die notwendigen Anpassungen zur Wiederherstellung von Wachstum und einer tragfähigen Schuldensituation zu ermöglichen. Eine Strategie mit einem hohen Risiko, so der Wirtschaftsprofessor. Erst die Zukunft werde zeigen, ob die Entscheidung, das Haus aufs Spiel zu setzen, um die Garage zu retten, richtig gewesen sei.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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