Kommentar
16:02 Uhr, 28.11.2012

Aufgestaute Nachfrage nach Aktien

  • Unabhängig von allen Fundamentalfaktoren gibt es eine aufgestaute Nachfrage nach Aktien, die die Kurse nach oben treiben könnte.
  • Diese aufgestaute Nachfrage ist größer als viele vermuten. Sie beläuft sich allein bei privaten Haushalten unter vorsichtigen Annahmen auf über EUR 100 Mrd.
  • Das kommt natürlich nicht sofort auf den Markt, erklärt aber die positive Grundstimmung hinsichtlich Aktien

Am Aktienmarkt stimmt etwas nicht. Die Kurse sind in Deutschland seit Jahresbeginn, gemessen am DAX, um 24 % gestiegen. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum (von dem die Gewinne der Unternehmen abhängen) ist dagegen von 3 % (2011) auf unter 1 % zurückgegangen. In anderen Ländern war das Verhältnis ähnlich, wenn auch nicht ganz so krass. Das passt nicht zusammen. Wenn die Wertschöpfung in der Wirtschaft nicht mehr so dynamisch ist, erhöhen sich normalerweise auch die Ge­winne nicht mehr so sehr. Das müsste sich nach Adam Riese auch auf die Preise der Anteilscheine an der Wirt­schaft auswirken. Natürlich kann man auf die überbor­dende Liquidität verweisen, die den Zusammenhang verzerrt und den Dividendentiteln zugutekommt. Auch die Beruhigung der Eurokrise seit Juli dieses Jahres hat dem Markt geholfen. So ganz überzeugend ist das alles aber nicht. Könnte es sein, dass wir hier noch etwas ver­gessen haben?

Ich glaube das in der Tat. Was in dem Modell nämlich nicht berücksichtigt wird, ist, dass es unabhängig von al­len Fundamentalfaktoren bei den Anlegern eine aufge­staute Nachfrage nach Aktien gibt. Der Aktienbesitz in Deutschland (der im Vergleich zu anderen Industrielän­dern ohnehin relativ niedrig ist) hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert. Sein Anteil am Geldvermögen der privaten Haushalte beispielsweise, ist seit dem Jahr 2000 von 14,5 % bis auf den Tiefpunkt von 4 % zurück­gegangen. Erst in den letzten drei Jahren hat er sich wieder etwas erholt (siehe Grafik). Die Zahl der Aktio­nä­re, die das Deutsche Aktieninstitut regelmäßig erhebt, zeigt ein ähnliches Bild.

Bei anderen Anlegergruppen ist das nicht viel anders. Manche Versicherungen besitzen derzeit überhaupt keine Dividendenpapiere mehr. Das ist als Reaktion auf die Turbulenzen an den Aktienmärkten und die regula­to­rischen Änderungen verständlich. Es macht im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Bedingungen aber keinen Sinn mehr.

Deutschland befindet sich – wie viele andere Länder auch – in einem Anlagenotstand. Die Zinsen für Ban­k­einlagen und festverzinsliche Wertpapiere sind heute so niedrig wie noch nie. Dabei sind die Risiken deutlich gestiegen. Selbst Staatsanleihen sind keine risikolosen Papiere mehr.

Auch andere Asset-Klassen haben an Attraktivität einge­büßt. Bei Lebensversicherungen ist der Garantiezins auf 1,75 % gesenkt worden. Bei Immobilien sind die Preise in weiten Teilen Deutschlands (auch in der Schweiz, zum Teil auch in Österreich) so stark gestiegen, dass keine ausreichende Rendite mehr erzielt werden kann. Rohstoffe leiden unter der schwachen Weltkonjunktur; die Preise von Öl und Gas werden durch die neuen

För­dermöglichkeiten in den USA belastet. Auch beim Gold­preis hat sich in diesem Jahr gezeigt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Umgekehrt ist die Rendite von Aktienanlagen nicht so schlecht. In den letzten drei Jahren betrug sie, gemes­sen an den Kurssteigerungen, im Schnitt 8 % (in den letzten fünf Jahren allerdings nur 1,4 %). Eine Reihe von Aktienunternehmen bieten Dividendenrenditen von 5 % bis 6 %, zum Teil noch mehr. Natürlich ist die Volatilität hoch. Aber Anleger können das Risiko durch Be­schrän­kung auf Unternehmen mit guter Finanzstruktur und einem Geschäftsmodell in wachsenden Märkten redu­zieren. Aktien bieten zudem als Sachwerte einen Schutz gegen Inflation.

Insgesamt gibt es keinen Grund, Aktien so unterzuge­wichten. Das sehen auch viele Anleger so. Sie warten daher auf einen guten Zeitpunkt, um in den Markt einzu­steigen. Hier liegt also noch ein erhebliches Potenzial für die Aktienmärkte. Wenn die privaten Haushalte ihre Ak­tienquote am Geldvermögen wieder auf das bisherige Höchstniveau von vor zwölf Jahren steigern würden, müssten sie zusätzlich Aktien im Wert von EUR 470 Mrd. kaufen. Das ist gigantisch.

Nun ist eine Rückkehr zu den bisherigen Höchstständen vielleicht doch etwas zu hoch gegriffen. Das war damals die Blase der "New Economy". Wenn man etwas vor­sichtiger rechnet und sich nur am Durchschnittsniveau der letzten zwanzig Jahre orientiert, dann kommt man auf geringere Zahlen. Aber auch dann müssten private Haushalte noch zusätzlich EUR 150 Mrd. Aktien kaufen.

Das sind natürlich alles nur hypothetische Rechnungen. Es gibt keine Garantie, dass die Gelder wieder in den Aktienmarkt zurückkehren und wenn, dann wird es eine ganze Zeit dauern. Es ist aber ein Potenzial, das unab­hängig von Fundamentalfaktoren wie Konjunktur, Liqui­dität oder Zins für den Markt zur Verfügung steht.

Für den Anleger ist das eine gute Nachricht. In den ver­gangenen 40 Jahren waren Renten die besseren Aktien. Sie brachten in etwa die gleiche Rendite (Kupons plus Kurssteigerungen aufgrund sinkenden Zinsniveaus), aber mit viel weniger Schwankungen. Es könnte sein, dass sich das Verhältnis in den kommenden Jahren um­dreht. Renten verlieren an Attraktivität, nicht nur wegen der niedrigen Kupons, sondern auch weil das Zinsniveau nicht mehr so stark fallen kann. Bei Null ist Schluss. Bei Aktien gibt es so eine Grenze nicht. Sie sind in Zukunft vielleicht die besseren Renten. Dies vor allem für die An­leger, die bei der Auswahl der Titel vorsichtig sind und sich auf "langweilige" Unternehmen mit hohen Divi­den­den und gesunder Finanzierungsstruktur konzentrieren

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